Politik/Inland

Kurz im U-Ausschuss: Debatten um Formales lähmten Befragung

Seine erste Befragung im U-Ausschuss im Juni 2020 hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ein Strafverfahren wegen Falschaussage beschert. Heute, bei seinem zweiten Auftritt, war er besonders vorsichtig. 

Kurz war übrigens der einzige "Gast": Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid war nicht erreichbar, Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat sich nach seinem Bootsunfall in Kroatien entschuldigt und kommt zu einem Ersatztermin am 15. Juli.

Gleich in seinem Eingangsstatement erklärte Kurz, dass er viele Aussagen von der ersten Befragung wiederholen bzw. vorlesen wolle - nur so sei gewährleistet, dass  nicht jede "Nuancierung" später zu Vorwürfen oder gar neuen Anzeigen führe. Er werde auch von seinem Recht, sich der Aussage zu entschlagen, Gebrauch machen.

Gerangel um Fragen

Die ersten zwei Stunden der Befragungszeit (insgesamt sind es maximal vier) nahm ÖVP-Abgeordneter Klaus Fürlinger in Anspruch. Da war der Kanzler noch durchaus redselig - spannte einen Bogen vom Ibiza-Video über Postenbesetzungen bis zur Schredder-Affäre. Allerdings nur recht oberflächlich.

Als dann SPÖ-Mann Kai Jan Krainer mit seinen Fragen dran war, kam kaum noch eine brauchbare Antwort - die folgende Stunde war geprägt von Geschäftsordnungsdebatten.

Das selbe Bild bei den Fragen von FPÖ-Mann Christian Hafenecker, der sich hauptsächlich für die Hintergründe des Ibiza-Videos und des Koalitionsendes von Türkis-Blau interessierte.

Ein Gerangel gab es schon im Vorfeld, und zwar um den Anwalt von Kurz, Werner Suppan - er sollte ebenfalls geladen werden.

Entschlagung zu Kirchen-SMS

Es gibt eine neue anonyme Anzeige gegen Kurz - wegen Nötigung der Kirche. Gezeichnet ist die Anzeige mit den Initialen "A.H.".

Dabei geht es offenbar um den Vorwurf, Schmid hätte Peter Schipka von der Bischofskonferenz wegen der steuerlichen Privilegien der Kirche unter Druck gesetzt - und Kurz hätte das goutiert bzw. ihn sogar noch angefeuert.

Krainer verdächtigt die ÖVP, diese Anzeige selbst gemacht zu haben, damit Kurz sich bei entsprechenden Fragen entschlagen darf.

Tatsächlich entschlug sich Kurz zum gesamten Themenkomplex Kirchen-SMS.

Reform: Richter sollen befragen

Bei seinem Eintreffen hatte Kurz einen Wunsch deponiert: Er fordert eine Reform des U-Ausschusses. Der Umgang mit Auskunftspersonen sei problematisch. Im Ausschuss sagte er: "Ich mache mir Sorgen um die politische Kultur". Hass und Ablehnung seien im U-Ausschuss auf der Tagesordnung, das schade dem Miteinander.

Was schlägt Kurz zur Reform vor?

Etwa, dass Richter die Befragungen im U-Ausschuss durchführen. "Damit die Wahrheit im Zentrum steht." Wie diese Reform im Detail aussieht, überlässt er dem Parlament und Experten, die darüber beraten sollen.

Ändert Aussage etwas am Strafverfahren?

Im Vorfeld wurde vermutet, dass Kurz heute versucht, seine früheren Aussagen richtigzustellen - bzw. sich vom Vorwurf reinzuwaschen, er habe zur Frage, ob er in die Bestellung von Schmid zum ÖBAG-Chef involviert war, falsch ausgesagt. Der KURIER hat dazu einen Strafrechtsexperten befragt.

Kurz hat sich dann aber der Aussage zu diesem Thema entschlagen, um sich auch in diesem laufenden Verfahren nicht selbst zu belasten.

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