Politik/Inland

Badelt: Volle Mieterhöhung für Geringverdiener "ein Hammer"

Der Chef des Fiskalrats, Wirtschaftsprofessor Christoph Badelt, war am Sonntag in der ORF-Pressestunde.

Er nahm zu allen brennenden Wirtschaftsfragen wie Inflation, Pensionen, Arbeitskräftemangel und die Situation der Staatsfinanzen Stellung. Seine Ausführungen waren durchaus überraschend.

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Inflation: In Österreich liegt die Inflationsrate höher als in vielen anderen EU-Ländern. Dennoch sei die Regierung  im Kampf gegen die Inflation "nicht gescheitert". Badelt begründet das so:

Erstens sei ein Teil der niedrigeren Inflation beispielsweise in Deutschland auf die Zusammensetzung des Warenkorbs zurückzuführen. Die stark steigenden Hotelpreise seien in Österreich stärker im Warenkorb berücksichtigt als in Deutschland, auch die starke Dieselnutzung sei ein Unterschied zum großen Nachbarn.

Zweitens gehe um die Wahl der Gegenmaßnahmen. Da gebe es die Methode, in Preise einzugreifen, diese zu deckeln. Das senke sofort die Inflation. 

Österreich sei den anderen Weg gegangen und habe die Bevölkerung, die sich die Preissteigerungen nicht leisten können, mit Zahlungen unterstützt.

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Regierungshilfen haben Inflation "geringfügig erhöht"

Diese Zahlungen hätten "die Inflation in geringem Ausmaß noch einmal erhöht, jedenfalls nicht gesenkt", räumt Badelt ein. Dennoch verteidigt er die von der Regierung gewählte Methode: Hätte man z. B. die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel gesenkt, wäre das für den Staat wesentlich teurer geworden und auch die, die das gar nicht brauchen, würden davon profitieren.

Ebenso beim Spritpreis-Deckel: Da würden die SUV-Fahrer mehr davon profitieren als Bedürftige.

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Preise und Gebühren stiegen auch ungerechtfertigt

Badelt sagt, Unternehmen hätten auch die Gunst der Stunde genutzt und Preise erhöht, ohne dass es von den Kostensteigerungen her gerechtfertigt gewesen wäre. Dasselbe sei z.B. bei Parkgebühren durch die öffentliche Hand geschehen, das sei auch nicht gerechtfertigt.

Mietpreiserhöhung: Zur bevorstehenden Mieterhöhung um 8,6 Prozent bei den Richtwertmieten sagt Badelt: Er befürworte, die Erhöhung auf drei Jahre zu verteilen. Die Mieterhöhungen fallen zwar in eine Zeit, in der auch die Löhne und Pensionen um "ein hübsches Stück erhöht worden sind". Das müsste einen Teil der Mieterhöhung abdecken. 

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Andererseits sei 8,6 Prozent auf einen Schlag mehr zu bezahlen, "ein Hammer" für Menschen, denen es wirtschaftlich nicht gut gehe. 

Neuen Mietpreisindex erarbeiten

Bei Mieterhöhungen müssen man auch die Kostensituation bei Hausbesitzern berücksichtigen. Die Orientierung am Verbraucherpreisindex sei jedoch nicht intelligent, weil die Mieter gestiegene Energiepreise doppelt zahlen. Einmal direkt über ihren eigenen Energieverbrauch, einmal indirekt über die Mietkopplung an die Inflation. Daher solle man "sachlich einen intelligenteren Indikator" erarbeiten, in dem z.B. künftig besonders die Baukosten oder auch der Zinssatz für Geldanlagen berücksichtigt ist.

Die Zwei-Prozent-Deckelung des Mietpreises, wie es die SPÖ fordert, halte er für "sachlich nicht gerechtfertigt".

Zu Wien sagt Badelt: In Wien sei die öffentliche Hand der größte Vermieter. Es wäre "ein schönes politisches Zeichen", würde man dort die Mieten auf Initiative der Stadtregierung nur schrittweise erhöhen, falls die Bundesregierung diese schrittweise Erhöhung nicht doch noch rechtzeitig beschließe.

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Staatsschulden: Als Vorsitzender des Fiskalrats ist Christoph Badelt zuständig, die Staatsfinanzen zu überwachen. Die Schuldenquote geht zwar auf 74,9 Prozent im Jahr 2024 zurück, aber Badelt erklärt, dass das Sinken der Quote ein Effekt der Inflation sei. Tatsächlich sei die Entwicklung des jährlichen Defizits "problematisch". Es werde bei 3,5 Prozent liegen, daher müsse man bei den Förderungen und anderen Ausgaben vorsichtig sein.

Ein ausgeglichener Staatshaushalt sei heute angesichts der Zahlen nicht realistisch, Badelt fordert aber eine Trendumkehr: Das Defizit müsse wieder sinken und dürfe nicht weiter steigen.

"Koste es, was es wolle", dieses Diktum von Ex-Kanzler Sebastian Kurz verteidigt der Ökonom. Das sei in einer außergewöhnlichen Krise richtig gewesen. Aber man dürfe sich nicht daran gewöhnen, dass der Staat "wieder alles gut macht.

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Steuerstuktur und Staatseinnahmen: Badelt spricht sich dafür aus, die Unternehmen durch ein Absenken der Abgaben auf Arbeit zu entlasten. Die erfolgte Senkung der Körperschaftssteuer  bezeichnet er als "Fehler". 

Es sei besser, Gewinnzuwächse von Kapitalgesellschaften zu besteuern anstatt den Vermögensbestand. 

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Pensionsalter: Der Chef des Fiskalrats sagt, wegen der Pensionen allein sehe er kein finanzielles Problem, das sei für den Staatshaushalt bewältigbar.

Aber es gehe um Mehrausgaben für Gesundheit und Pflege etc. Daher glaube er, dass auch eine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsalters sinnvoll sei, aber nicht eins zu eins, man müsse beispielsweise auf Bauarbeiter Rücksicht nehmen.

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"Keine Anti-Ausländer-Stimmung aufbauen"

Arbeitskräftemangel: Badelt warnt: "Man sollte keine Anti-Ausländer-Stimmung in Österreich aufbauen. Österreich braucht die Ausländer dringend." Den Kanzler-Vorschlag, Ausländern Sozialleistungen nur zur Hälfte zu bezahlen, solange sie nicht fünf Jahre im Land seien, zerpflückt Badelt sachlich. Eine Familienbeihilfenreduktion würde zu starkem Anstieg von Kinderarmut führen.

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"Will ich auf Kosten der Kinder dieses Ziel verwirklichen?" Kürze man die Sozialhilfe, dann kürze man das unterste soziale Sicherheitsnetz. Wovon würden dann die Ausländer leben, wenn man das zur Hälfte wegnähme? Es bringe nichts, zu sagen, "es kümmert mich nicht".

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Besser wäre zu entscheiden: "Wer zurecht im Land ist, soll die sozialen Mindeststandards erhalten, denn sie sind Menschen, und sie brauchen das, was man Inländern gibt, auch." Etwas anderes seien Illegale, die müsse man trachten, loszuwerden.

Inländer bekomme man aus drei Quellen für den Arbeitsmarkt: Frauen. Ältere Erwerbstätige. Menschen, die heute nicht gut genug qualifiziert sind, besser zu qualifizieren. Hier müsse man ansetzen.