Politik/Inland

Ausbau der Palliativmedizin: Krankenkasse fordert finanziellen Ersatz

Ab kommendem Jahr ist assistierter Suizid in Österreich erlaubt. Die Bundesregierung hat vergangene Woche nach zähen Verhandlungen den Entwurf des „Sterbeverfügungsgesetzes“ präsentiert. Wer Beihilfe zum Suizid in Anspruch nehmen will, muss dafür eine Sterbeverfügung errichten – ähnlich einer Patientenverfügung. Nur dauerhaft schwerkranke oder unheilbar kranke Personen, die nicht minderjährig sind, können eine solche Verfügung errichten.

Parallel dazu wird die Hospiz- und Palliativversorgung ausgebaut. Die dazugehörende Gesetzesnovelle ist in Begutachtung. Der Plan: Bund, Länder und die Sozialversicherungsträger sollen den Ausbau zu je einem Drittel finanzieren. Dafür wird ein eigener Fonds errichtet. 2022 stellen Bund, Länder und Kassen je 21, im Folgejahr 36 und 2024 dann 51 Millionen Euro zur Verfügung.

Ob in der mobilen Palliativmedizin, in stationären Kinder-Hospizen oder auf Palliativstationen: Die Sterbebegleitung soll rundum qualitativ verbessert werden.

Fall für den VfGH?

Die Kassen seien grundsätzlich bereit, „diese sinnvolle Maßnahme mitzutragen“, sagt Andreas Huss, Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), dem KURIER. Gleichzeitig kritisiert Huss, dass die Kassen ersatzlos finanzielle Mittel zur Verfügung stellen sollen. Alleine der ÖGK würden damit 2024 bis zu 40 Millionen Euro fehlen. „Wir können uns das aus eigenen Mitteln nicht leisten, über einen Ersatz wurde bisher aber nicht gesprochen“, sagt Huss. „Natürlich ist das ein Eingriff in die Selbstverwaltung der Kassen, die laut VfGH finanzielle Gestaltungsmöglichkeiten haben müssen.“ Theoretisch bestünde sogar die Möglichkeit, das geplante Gesetz vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) anzufechten, meint der ÖGK-Chef.

Bereits am Mittwoch trafen sich Huss und Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne). Huss plädiert nämlich grundsätzlich für eine „Kurskorrektur“ im Umgang mit den Sozialversicherungsträgern. Die türkis-blaue Regierung habe dafür gesorgt, dass die Kassen strukturell unterfinanziert seien. Insgesamt würden der ÖGK durch türkis-blaue Novellen bis 2024 rund 744 Millionen Euro entzogen – etwa durch Mehrzahlungen an Privatkrankenhäuser.

„Um die Finanzierbarkeit der ÖGK sicherzustellen, müssen die entzogenen Mittel rückerstattet werden“, meint Huss. Dann wäre es auch kein Problem, die Mittel für den Palliativfonds zu entrichten. Das Büro Mückstein wollte den Vorschlag vorerst nicht kommentieren. Die Gesetzesnovelle befinde sich erst in Begutachtung, man wolle dem Prozess nicht vorgreifen, hieß es.

Weiterhin Diskussionsbedarf bei KV-Beiträgen

Auch in einem weiteren Punkt fordern die Kassen die Regierung zum Umdenken auf. Über eine Senkung der Krankenversicherungsbeiträge sollen ab 2022 niedrige Einkommen entlastet werden. Diese Beiträge fehlen wiederum den Kassen. Zwar hat das Finanzministerium betont, den Kassen die fehlenden Mittel zu erstatten. Huss kritisiert aber, dass die Regelung einen massiven bürokratischen Mehraufwand mit sich bringe. Niedrige Einkommen sollten über den bereits bestehenden Sozialversicherungsbonus entlastet werden, fordert Huss. Sozialpartner und Regierung verhandeln.