Politik/Ausland

Wo versteckt sich Olaf Scholz?

Auf Twitter, was ja für viele Journalistinnen und Journalisten gleichbedeutend ist mit der echten Welt, fragen sich viele, wo eigentlich Deutschlands Kanzler Olaf Scholz (SPD) abgeblieben ist.

"Jemand muss Olaf Scholz sagen, dass er auf mute geschaltet ist", schreibt ein Nutzer. Andere fragen, ob er es vielleicht nicht mitbekommen hat, dass er jetzt Bundeskanzler ist. Und der Spott machte auch nicht vor der kürzlich veröffentlichten Impfkampagne der Regierung Halt.

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Die Frage nach Scholz ist aber nicht nur ein Twitterphänomen: Auch politische Beobachter stellen sie, vor allem angesichts des Ukraine-Konflikts. Denn bis dato hat Scholz öffentlich noch keine Stellungnahme zur Bedrohung der Ukraine durch Russland abgegeben. Sein zögerliches Verhalten sorgt mittlerweile auch bei Deutschlands Verbündeten in der NATO, allen voran den USA, für Unmut.

Während andere Regierungschefs Europas mit Wladimir Putin telefonierten (Emmanuel Macron), in sogar im Kreml besuchten (Viktor Orbán) oder Position in Kiew bezogen (Boris Johnson), fährt Scholz nirgends hin und spricht mit niemandem. Auf Twitter äußerte er sich zuletzt zu eher unaufregenden Themen wie dem Internationalen Holocaust-Gedenktag, der Portugal-Wahl oder dem neuen Vorstand der Grünen.

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Vielleicht bereitet er sich aber auch auf seinen Besuch in den USA vor: Medienberichten zufolge soll Scholz am 7. Februar US-Präsidenten Joe Biden im Weißen Haus besuchen. Da soll dann plötzlich die Ukraine-Krise Thema sein, genauso wie Corona und die bilateralen Beziehungen zwischen den USA und Deutschland. Ursprünglich hatte Scholz den traditionellen Antrittsbesuch in Washington abgesagt – wegen innenpolitischer Termine. Jetzt dürfte er sich doch dazu entschieden haben. Vielleicht, um die Wogen zu glätten.

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Innerparteilicher Zwist

Inzwischen wird innerhalb der SPD um die Russlandfreundlichkeit einiger Mitglieder oder Ministerpräsidentinnen gestritten: Die SPD hegt seit der Ostpolitik Brandts, seit den 1970ern, eine vor allem auf wirtschaftlichen Interessen basierende Beziehung mit Moskau. In dieser Tradition sieht sich auch Scholz, der Nord Stream 2 immer "rein privatwirtschaftlich" benannt hat. Davon ist er in letzter Zeit unter dem Druck des Koalitionspartners und der anderen NATO-Staaten jedoch ein wenig abgerückt – sehr zum Leidwesen einiger Parteikolleginnen, allen voran Manuela Schwesig.

Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, die im September ein Ergebnis von 39,6 Prozent für die SPD einfuhr, ist eine der Lautesten. Sie streitet seit Jahren für die Ostseepipeline Nord Stream 2, hofft trotz Truppenaufmarsch der Russen an der Grenze zur Ukraine auf "ein zügiges, rechtsstaatliches Verfahren, damit die Leitung in Betrieb gehen kann". Zudem forderte sie den Abbau der EU-Sanktionen gegen Russland und wiederholt gebetsmühlenartig, wie wichtig der Dialog mit Moskau sei.

Einmal mehr läge es auch hier an Olaf Scholz, einen klaren Kurs vorzugeben. Zumindest seine Ministerinnen und Minister sollten ihn heute antreffen, er leitet laut Terminkalender die Sitzung des Kabinetts.