Das Russland-Problem: Wie Deutschland seine Rolle in der Weltpolitik gefährdet

Das Russland-Problem: Wie Deutschland seine Rolle in der Weltpolitik gefährdet
Olaf Scholz irritiert die USA und die NATO-Staaten mit seinem zögerlichen Kurs.

Einen kleinen Seitenhieb durfte Olaf Scholz schon spüren. Der neue deutsche Kanzler habe wegen innenpolitischer Termine keine Zeit für den Antrittsbesuch in Washington, berichteten Medien kürzlich – ein diplomatisches No go, gerade während der Ukraine-Krise.

Dass das Ganze in die Medien kam, war wohl Washingtons Absicht. Dort fragt man sich seit geraumer Zeit, was in Berlin los ist: Alle großen NATO-Staaten liefern Waffen an Kiew, nur Berlin – nach Truppenstärke viertgrößtes NATO-Mitglied – lehnt das ab. Auch in puncto Sanktionen, und da vor allem bei der Gaspipeline Nord Stream 2, ist man verhalten, Putin-kritische Wortmeldungen hört man aus dem Kanzleramt kaum.

Der Grund, warum Deutschland gerade seine Partner verprellt, sind die Russlandversteher, die mit Scholz ins Kanzleramt eingezogen sind. Die SPD hat seit Brandt eine lange Geschichte der verbindenden Ostpolitik, in dieser Tradition sehen sich auch Scholz und seine Partei.

Nur: Heute scheint der Verweis auf die Geschichte vielen Beobachtern als Ausrede, keine klare Position einzunehmen, wirtschaftliche Interessen vor breitere geopolitische Ziele zu stellen. Deutschland verhalte sich nicht wie Europas größte Wirtschaftsmacht, sondern wie ein unbeteiligter Kleinstaat, so der Tenor.

Jetzt droht Scholz auch auf diplomatischem Feld an Einfluss zu verlieren. Da war Berlin – eben wegen

der Historie – immer erster Ansprechpartner Moskaus; eine Rolle, die Merkel zementiert hatte. Jetzt hat sich Emmanuel Macron in die erste Reihe gedrängt und telefoniert mit Putin. Bleibt abzuwarten, ob das für Scholz ein Weckruf ist.

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