Lampedusa-Konflikt: Italien bereitet "außergewöhnliche" Maßnahmen vor
Italien ist für Migranten ein wichtiges Eingangstor in die EU. Und obwohl allein in diesem Jahr auf der Mittelmeerroute über 2.000 Menschen gestorben sind - das letzte Opfer war kürzlich ein fünf Monate altes Baby - bleibt das auch weiterhin so. Von der libyschen und tunesischen Küste scheint die sizilianische Insel Lampedusa und somit Europa zum Greifen nahe. Und diesen Sommer sind weitaus mehr Migranten nach Italien gekommen als sonst.
Das heißt aber nicht, dass sie in Italien bleiben wollen. Im Gegenteil, die meisten versuchen so schnell wie möglich in Richtung Norden ziehen - in Länder, die ihnen bessere Zukunftschancen bieten können.
Der Jahresbericht 2022 der Europäischen Agentur für Asyl bestätigt das. 70 Prozent der Asylanträge konzentrierten sich voriges Jahr auf fünf Länder. Italien lag mit 84.000 an fünfter Stelle, sogar hinter Österreich, das 109.000 Anträge zählte. An erster Stelle war Deutschland mit 244.000, gefolgt von Frankreich mit 156.000 und Spanien mit 118.000 Anträgen. Italien hat 60 Millionen Einwohner, Österreich nur knapp über 9 Millionen. Der Anteil der Menschen, die im Ausland geboren wurden, betrug laut Statista 2022 in Italien 5.030.716, in Österreich 1.572.316.
Notstand auf Lampedusa
Lampedusa rief vergangene Woche den Notstand aus, weil rund 1.500 Migranten pro Tag dort ankamen - bei einer Einwohnerzahl von 6.300 Menschen. Am heutigen Montag berät das italienische Kabinett über neue Maßnahmen - laut der rechten Ministerpräsidentin Giorgia Meloni könnten sie "außergewöhnlich" sein. Sie kündigte bereits Beschlüsse zur Verschärfung der Abschiebehaft sowie die Einrichtung von Abschiebehaftanstalten durch das Militär an.
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Die hohen Zahlen alarmieren nicht nur in Rom und Brüssel - Kommissionschefin Ursula von der Leyen besuchte Meloni am Wochenende in Lampedusa und stellte einen 10-Punkte-Plan vor -, sondern auch in Wien. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) stellte außerordentliche Kontrollen an den Grenzen zu Italien, einem Schengen-Partner, in Aussicht.
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Zwischen Schengen-Mitgliedern werden die Grenzen an sich nicht kontrolliert. Es besteht aber die Möglichkeit, begründeterweise und zeitlich begrenzt, außerordentliche Kontrollen einzuführen. So kontrolliert beispielsweise Frankreich an der Grenze zu Italien bereits wegen Terrorismusgefahr und illegaler Immigration, nachdem die hohe Zahl an illegalen Grenzübertritten nach Frankreich zu einem Clinch zwischen Paris und Rom geführt hatten.
Dauer-Streitthema
Wie in Italien sorgen auch in Frankreich die Themen Asyl und Migration dauerhaft für viel Diskussion - vor allem die rechtsnationale Partei Ressemblement National, die härtere Einwanderungsregeln fordert, profitiert davon. Die heftigen Unruhen im Juli in Frankreichs Banlieues, wo der Migrationsanteil besonders hoch ist, könnte diesen Effekt noch einmal verstärkt haben.
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Österreich kontrolliert bereits die Grenzen zu Ungarn und Slowenien mit Blick auf den Migrationsdruck auf die EU-Außengrenzen.
Dass die Lage für Lampedusa kritisch ist, bestreitet niemand. Ob die genannten Asylantragszahlen in Italien aber den Notstand rechtfertigen, das stellte kürzlich etwa die Tageszeitung La Repubblica infrage.
Die Registrierungsformalitäten gehen sehr schleppend voran, weswegen der Migrationsplan, den von der Leyen in Lampedusa vorgestellt hat, auch Unterstützung aus der EU-Asylbehörde vorsieht. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex soll Italien aktiver bei der Registrierung von Migranten helfen. Werden Migranten nicht in Italien registriert, ziehen sie oftmals in ihre "Wunschländer" Deutschland, Frankreich, Spanien oder auch Österreich weiter.