Reise mit Nebenwirkungen: Corona-Verdacht bei Schallenberg-Delegation
Von Lukas Kapeller
Am Wochenende reiste der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) mit einer kleinen Delegation in den Iran. Er wollte im Atomstreit zwischen Amerikanern und Iranern vermitteln und über die Rolle des Staates im Nahen Osten sprechen.
Das tat er auch. Doch schnell stand die Reise auch im Zeichen des Coronavirus. Schon am 19. Februar hatte der Iran die ersten zwei Corona-Toten gemeldet - am 22. Februar brach Schallenberg dann nach Teheran auf. Die Lage im Land soll derzeit weit schlimmer sein, als die Führung in Teheran zugibt.
Der Besuch des Außenministers erscheint nun nicht nur aus diplomatischer Sicht bemerkenswert. Denn der KURIER erfuhr: Der Mann, der am Donnerstag wegen Coronavirus-Symptomen ins Kaiser-Franz-Josef-Spital in Wien eingeliefert worden ist, war ein Mitglied der Schallenberg-Delegation.
Grenzen dicht
Hintergrund: Schallenberg war von Samstag auf Sonntag mit einer Delegation aus Mitarbeitern, Beratern und Journalisten (auch vom KURIER) unterwegs. Während der Reise breitete sich das Virus im Iran aus - und auch die Informationen darüber. So schloss die Türkei am Sonntag ihre Landgrenze zum Iran, das östliche Nachbarland Afghanistan untersagte jegliche Einreise.
Auch die Rückflug-Route der österreichischen Delegation änderte sich. Während Schallenberg am Sonntagabend wie geplant über Katar direkt nach Genf zum UN-Menschenrechtsrat weiterflog, hätten seine Mitreisenden über die Türkei zurück nach Wien kommen sollen. Stattdessen flog die restliche Reisegruppe nun ebenfalls via Katar zurück nach Wien.
Auch der Coronavirus-Beauftragte ist krank
Am Montag nach Schallenbergs Rückkehr zeigte sich dann, wie schlecht der Iran im Kampf gegen das Virus gerüstet ist. Der iranische Vize-Gesundheitsminister Iraj Harirshi (der offizielle Coronavirus-Beauftragte des Landes!) musste öffentlich bekennen, er habe sich mit dem Coronavirus infiziert. "Ich bin seit gestern Abend auch ein Coronaer", sagte er. Und auch andere Spitzenpolitiker im Iran sind infiziert, wie nun bekannt ist. Erst am heutigen Donnerstagabend erfuhr man, dass die iranische Vizepräsidentin Massumeh Ebtekar positiv auf das Coronavirus getestet worden ist. Am Sonntag hatte Außenminister Zarif, bevor er Schallenberg die Hand schüttelte, noch gescherzt: "Ich habe nicht das Coronavirus."
SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher nennt Schallenbergs Mission zwar "richtig und wichtig". Die Umstände der Reise und der Rückkehr würden aber neben anderen Ereignissen zeigen, dass "die Information zum Coronavirus nicht mal zwischen den Ministerien funktioniert". Er fordert wie Parteichefin Pamela Rendi-Wagner einen "zentralen Krisenmanager", der zwischen Gesundheits-, Innen-, Außen- und anderen zuständigen Ministerien koordiniert.
Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker zeigt ebenfalls Verständnis für Schallenbergs Iran-Offensive und auch dessen Zeitpunkt. "Der Minister konnte zum Zeitpunkt der Reise nicht wissen, dass der fachlich Zuständige im Iran infiziert ist. Theoretisch könnte es blöd laufen, aber das ist alles Spekulation", sagte der Abgeordnete am Donnerstag.
Mit Berufsrettung ins Isolationszimmer
Offenbar lief es zumindest nicht gut. Das Mitglied aus der Schallenberg-Delegation, das die Wiener Berufsrettung am Donnerstag ins Spital brachte, hat die typischen Symptome: Fieber, Atemnot, Husten. Allerdings fehlt ein Testergebnis bisher noch.
Gegenüber dem KURIER wollte man bis zum Abend im Außenministerium nicht kommentieren, ob der Patient Teil der Delegation im Iran war. In der ZiB2 bestätigte später dann Bundeskanzler Kurz, dass die Information stimme: "Es handelt sich um einen Journalisten", sagte er. Es werde am Freitag ein Testergebnis geben, und für die restliche Delegation habe man Vorkehrungen getroffen, sagte Kurz noch. Konkret wurde er aber nicht: "Für den Außenminister gelten dieselben Bestimmungen wie für alle Österreicher."
Dem Vernehmen nach wurden alle Mitglieder der Delegation mittlerweile untersucht, zumindest teilweise aber erst am Mittwoch - mehr als 48 Stunden nach der Rückkehr.
In den Niederlanden geriet Außenminister Stef Blok unter Kritik, weil er - ebenfalls am vergangenen Wochenende - den Iran besucht und sich danach nicht auf das Coronavirus untersuchen hatte lassen.
Plötzlich ging es schnell
Der Schallenberg-Mitreisende, der nun in einem Isolationszimmer im Kaiser-Franz-Josef-Spital sitzt, erlebte unterdessen eine medizinische Odyssee. Als er Krankheitssymptome an sich merkte, meldete sich der Mann am Dienstag bei den zwei offiziellen Beratungshotlines. Ernst genommen fühlte er sich bis Donnerstag nicht. "Mir wurde mehrfach gesagt, ich soll doch zum Hausarzt gehen", berichtete er. Doch das wäre genau das falsche gewesen - das Gesundheitsministerium rät vielmehr, zu Hause zu bleiben und einen Arzt zu kontaktieren.
Neben Husten und Atemnot bekam der Mann am Donnerstag auch Fieber. Er kontaktierte noch einmal die Gesundheitshotline 1450. Wurde ihm zunächst zwar beschieden, dass er einfach zu Hause bleiben soll, wurde er auf Nachfrage doch mit einem Experten verbunden. Ab da ging es schnell - innerhalb einer halben Stunde wurde er von einem Infektionstransport der Wiener Berufsrettung abgeholt und ins Kaiser-Franz-Josef-Spital gebracht.
Quarantäne
Dort befindet er sich in einem Isolationszimmer auf der dortigen 4. Medizinische Abteilung. Diese ist auf die Diagnose und Behandlung derartiger Virenerkrankungen wie dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 spezialisiert.
"Gleich nachdem ich das Zimmer betreten habe, läutete das Bett-Telefon. Mir wurde gesagt, dass ich anrufen soll, wenn ich etwas brauche, die Mitarbeiter würden nicht oft reinkommen", berichtete der Mann. Mittagessen bekam er im Einweggeschirr, Tee wird aus dem Plastikbecher getrunken.