Hongkong-Proteste: Brandsätze und blaues Wasser
Nach zwei vergleichsweise ruhigen Wochen sind in Hongkong schwere Unruhen ausgebrochen. Trotz eines Polizeiverbots haben wieder Zehntausende Menschen gegen die Regierung protestiert. Während Demonstranten am Sonntag in einem langen Marsch friedlich durch den zentralen Stadtteil Kowloon zogen, zogen radikale Aktivisten eine Spur der Verwüstung durch die Stadt.
Entlang der Strecke einer nicht genehmigten Kundgebung blockierten schwarz gekleidete Demonstranten in der chinesischen Sonderverwaltungszone Straßen, warfen Brandsätze und verwüsteten Geschäfte sowie die Eingänge von U-Bahn-Stationen. Die Polizei räumte mit schweren Fahrzeugen von Protestierenden errichtete Straßensperren. Beobachtern zufolge setzte die Polizei Wasserwerfer so intensiv ein wie kaum zuvor bei den seit Monaten andauernden Protesten. Zudem deuteten Hustenanfälle von Menschen daraufhin, dass die Polizei dem Wasserstrahl Reizstoffe zugesetzt hatte. Zudem färbt die Polizei das Wasser blau, um Demonstranten später identifizieren zu können.
Gleichzeitig sangen friedliche Demonstranten die Hymne der Protestbewegung und forderten die Regierung dazu auf, alle ihre Forderungen zu erfüllen. Dazu gehören ein Rücktritt von Regierungschefin Carrie Lam, eine Untersuchung der Polizeigewalt und freie Wahlen. Auf Transparenten war zu lesen "Befreit Hongkong", an Wände wurde gesprüht "Lieber tot als rot" und "Wir wollen lieber auf unseren Füßen sterben, als auf Knien zu leben." Auch protestierten sie gegen mehrere Angriffe auf Anhänger ihrer Bewegung.
Jimmy Shan, einer der Organisatoren der Märsche, wurde vergangene Woche in ein Krankenhaus eingeliefert, nachdem er von Männern auf der Straße zusammengeschlagen worden war. Am Samstag wurde zudem ein 19 Jahre alter Protestanhänger mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt.
Die seit dem 9. Juni andauernden Proteste hatten zuletzt etwas an Fahrt verloren, nachdem die Regierung ein Vermummungsverbot verhängt hatte. Außerdem wurde der U-Bahn-Verkehr eingeschränkt. Das macht es für Demonstranten schwieriger, sich in der Stadt zu bewegen.
Der erneut große Protest am Sonntag zeigt jedoch, dass mit einem baldigen Ende der Demonstrationen in der chinesischen Sonderverwaltungszone nicht zu rechnen ist. Vandalismus und Zusammenstöße zwischen Polizisten und Demonstranten sind vor allem an Wochenenden zur Normalität geworden.
Erneut waren viele Demonstranten mit US-Flaggen zu sehen. Die Annahme eines Gesetzentwurfs im US-Abgeordnetenhaus zur Unterstützung der Demokratiebewegung in Hongkong hatte vergangene Woche schwere Spannungen zwischen China und den USA ausgelöst. Der Entwurf schreibt wirtschaftliche Sanktionen vor, wenn die Autonomie Hongkongs untergraben wird. Er sieht ferner Strafmaßnahmen gegen Politiker vor, die Freiheitsrechte von Hongkongern verletzt haben.
Der Entwurf muss noch im US-Senat verabschiedet werden, aber er findet große Unterstützung bei Republikanern und Demokraten. Am Ende müsste auch US-Präsident Donald Trump das Gesetz noch unterzeichnen.
Seit mehr als vier Monaten demonstrieren die Menschen in Hongkong gegen ihre Regierung und den wachsenden Einfluss der kommunistischen Führung in Peking. Seit der Rückgabe 1997 an China wird Hongkong mit einem eigenen Grundgesetz nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" autonom regiert. Die sieben Millionen Hongkonger stehen unter Chinas Souveränität, genießen aber - anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik - mehr Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit, um die sie jetzt fürchten.