Meinung

Paaradox: Hört! Hört!

SIE

Die Playlist, die der Mann nebenan mag, hatten wir auch diesmal zügig durch, auf der Fahrt in den  Urlaub am Meer. Wie immer fand er meine Musik furchtbar  bis fad (Jazz-Gedudel), mich wiederum ödete sein Austropop-Craving an, vor allem aber sein Mit-Gegröle: Du bist a moderne Hex’, du mit deinem Supersex… Öha. Bereits vor zwei Jahren hatte ich deshalb vorgeschlagen,  Podcasts zu hören. Weil es bildet.  Und weil’s lustig sein kann.

Ob das was ist?

Pod-was?, bekam ich daraufhin zu hören, Fragezeichen perlten über seine Lippen. Ich erläuterte, er murmelte: Ob des wirklich wos für uns is? Schließlich klopfte ich seine Interessen ab, schlug den Philosophie-Psychologie-Podcast „Große Fragen, bedeutende Antworten“ vor und wurde von ihm flugs ins Genre „Spiel und Sport“ verwiesen: Gibt’s auch einen mit dem Titel „Große Spieler, bedeutende Tore?  Ja eh. Dem folgte das Hä, was war?-Problem: Irgendwas verstand er im Laufe des Podcastlauschens nicht, und da er vorwärtsfuhr, musste ich rückwärts spulen. Nervig. Oder ihm  erklären, was gemeint war, worauf er meinte, er glaube nicht, dass das so gemeint ist. Lösungskompetent wie wir beide  sind, haben wir aber auch diese Hürde gemeistert: mit einem eigenen Podcast.  Juhu! Ab 24. Juni  können Sie uns im KURIER-Podcast Schatzi, geht’s noch? zuhören, wie wir an unserem Küchentisch daheim über die großen und kleinen Fragen des Liebes- und Beziehungslebens plauschen, ohne darauf bedeutende Antworten zu finden. Wir reden einfach drauflos, denken laut über uns selbst nach, lachen und trinken dazu den einen oder anderen  guten Schluck Wein. Und erst ganz am Schluss verrät Ihnen und uns eine Expertin, was sie von dem ganzen Schmus hält. Soviel darf ich schon verraten: Ich hab oft Recht. Aber er eh auch ein bisserl.

Podcast „Schatzi, geht’s noch“: Ab 24. Juni auf kurier.at und allen gängigen Plattformen; Auftritte:   23. 7. Mank; 10. 10., 1. 11., Rabenhof Wien

E-mail: gabriele.kuhn@kurier.at Facebook: GabrieleKuhn60

 

ER

Ich bin der Pilot, meine Frau ist der Disc-Jockey. Das verleiht ihr auf gemeinsamen Autoreisen eine gewisse Unterhaltungshoheit. Und nur gelegentlich darf ich mir Musik wünschen, die meine Stimmung hebt. Aber diese Phasen unterbricht sie meistens mit Sätzen wie: Ich will dir nur kurz etwas vorspielen, ob dir das gefällt. Dann folgt meist eine Jazz-Nummer, die augenblicklich meine Sehnsucht nach einem 10-Gänge-Menü in der nächsten Autobahnraststätte weckt. Oder sie offenbart mir einen deutschsprachigen Pop-Barden, der echt super Gedanken hat. Und so wurde unlängst mein Ohr mit der Textzeile konfrontiert: „Wir haben die Stille um uns totgeschwiegen.“ Worauf ich (Achtung, großer Fehler!) zu fragen wagte, was, außer Unsinn, der Poet uns damit mitteilen will. Was zu einem ausschweifenden kuhn’schen Philosophicum über Definition und Deutung von Stille führte. Und schon waren wir allen Ernstes gefühlt 43 Kilometer lang in eine Diskussion über die Facetten des Totschweigens verwickelt, ehe meine Beifahrerin jene Conclusio fand, die stets passt: Is ja wurscht, du verstehst das nicht.

Kein Zufall

Und vielleicht sind es genau diese bedeutenden Sätze, die leise Zweifel in mir aufkommen ließen, ob ein gemeinsamer ehelicher Podcast tatsächlich eine gute Idee ist. Aber wie so oft hatte die Liebste überzeugende Argumente (Ich verspreche, dass ich dich auch manchmal ausreden lasse) und akzeptierte meine Forderung: „Ohne Wein sag’ ich gar nix.“ Daher erscheint die erste (ungeschnittene) Folge mit der Frage „Wie viel Arbeit ist Beziehung?“ ausgerechnet an unserem Hochzeitstag. Was bestätigt: Es gibt keine Zufälle. Zumal sich die Themenlage seit dem  Ja-Wort noch immer um Achtsamkeit und Streiten, Nähe und Freiraum, Alltag und Urlaub usw. dreht. Sowie um die ewige Suche nach Schnittmengen. Schwer vorstellbar also, dass irgendwann einmal das letzte Wort gesprochen sein wird. Und wenn doch, können wir ja immer noch die Stille um uns totschweigen.

E-mail: michael.hufnagl@kurier.at Facebook: michael.hufnagl.9