Leben/Gesellschaft

Gartenwunder von Cornwall

Die am weitesten im Südwesten gelegene Grafschaft Englands zeigt eine atemberaubende Landschaft mit zum Meer abfallenden Felsen und Landsitzen, wie man sie aus den Rosamunde-Pilcher-Filmen kennt. Oft sind diese Landsitze von weitläufigen Parks und Gärten umgeben. Manche sind zu Tourismusattraktionen höchsten Ranges geworden und stehen der Öffentlichkeit offen, beispielsweise die faszinierende Anlage „The Lost Gardens of Heligan“, nahe dem pittoresken Fischerdorf Mevagissey.

Ein besonderer Zauber von „Heligan“ liegt in der Überraschung, dass die heimische Vegetation auf den Hügelkuppen in den tiefen Taleinschnitten, die zum Meer führen, in ein Stück tropischen Regenwalds übergeht. Fünf Grad wärmer als in den höher gelegenen Gartenbereichen ist es unten in den windgeschützten Lagen. Von den Winterfrösten verschont und im durch den Golfstrom von vornherein begünstigten Klima, konnte sich hier eine Dschungellandschaft entfalten.

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Der Weg dorthin führt durch ein Waldstück, das vor 200 Jahren als Windschutz für die dem Wetter stärker ausgesetzten Bereiche angelegt worden ist. In diesem Gelände warten in die Naturlandschaft eingebettete Riesen-Skulpturen darauf, von den Besuchern entdeckt zu werden. Die Riesen, die aus dem Waldboden herauszuwachsen scheinen, haben im Juli und August, wenn die Montbretien blühen, die ihre Köpfe besetzen, leuchtend orangerote „Haare“.

Botanische Raritäten

Bald nach der Begegnung mit den Riesen taucht der Besucher in eine Dschungellandschaft ein, so als wäre er Teilnehmer einer abenteuerlichen Expedition ins subtropische Unterholz. Ursprünglich befand sich an dieser Stelle ein Obstgarten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann die Umgestaltung zum Dschungel mit botanischen Raritäten, die Pflanzensammler und Eroberer aus den Kolonien ins Mutterland geschafft hatten. Heute erlebt man eine fantastisch üppige Landschaft mit ausgedehntem Bambusgelände, Bananenstauden, riesengroßen Baumfarnen, Araukarien und Chusan-Palmen. Im Sumpfgelände an den Teichen faszinieren großblättrige Gunnerastauden (Riesenrhabarber). Es riecht modrig süß, wie im Urwald.

Rettungsaktion

Das gesamte Areal, zu dem ein ganzer Gartenkosmos gehört, der sich seit dem 18. Jahrhundert um das Herrenhaus „Heligan“ entwickelt hat, ist im vorigen Jahrhundert in einem Jahrzehnte währenden Verfallsprozess zu einer Wildnis verkommen. Doch Anfang der 90er- Jahre gelang es einem Quereinsteiger in die Gartenkultur, dem Public-Relations-Genie Tim Smit, die „Lost Gardens of Heligan“ aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken. Die mühsame Revitalisierung an Hand historischer Daten und Fundstücke bewegte die ganze Nation.

Die Gärten üben heute, auch durch die Geschichte ihrer wunderbaren Regeneration, auf viele Besucher einen mystischen Zauber aus. Manche Gartenfreunde wollen ihre Aschenurne im geheimnisvollen Garten bestatten lassen. Was von der Verwaltung der „Lost Gardens of Heligan“ nicht ausgeschlossen wird. „Wir haben zurzeit vier Anfragen“, bestätigt eine Dame aus der Verwaltung.