Axels Terrasseneintopf: Obstschnitt, Wassertrieb bis Totholz
Von Axel Halbhuber
Es ist schon bemerkenswert: Hobbygartler definieren sich über Wachstum und über die Reduktion. Das hat vielleicht mit dem ewigen Fluss des Lebens zu tun, oder mit der Balance der Natur, oder mit fernöstlichen Philosophien. Vielleicht sind einfach zu oft Asia Wochen in den Gartencentern. Besonders schlägt sich das bei der Obstpflege nieder (Frucht und Schnitt, alles fließt), die ja sowieso eine der Königsdisziplinen für hoch motivierte Schrebergärtner ist – und seit einigen Jahren auch für die Streber unter den Terrassengartlern, Stichwort Säulenobst im Topf. Im Herbst gilt also: Nach der Ernte ist vor der Pflege. Was kommendes Jahr üppig tragen soll, muss genau jetzt gestutzt werden. Denn im Herbst fließt weniger Saft durch Baumes und Busches Adern, also leiden sie weniger unter den Schnitten.
Auch wenn Obstpflege für manche zu einer sehr strengen, fast verbissenen Wissenschaft geworden ist, darf man sich dem Stutzprojekt mit etwas Hausverstand nähern. Zunächst gehört das Totholz entfernt, leicht zu erkennen: Es wirkt lustlos, sieht aus wie ein Wienerlied und trägt morbide Farben (das schönste graue Holz überhaupt haben Ribiselstauden). Auch Äste, die quer wachsen oder schon länger keine Frucht mehr tragen, haben ihre Berechtigung verwirkt – weg damit. Obst wächst vor allem an Jungholz. Ebenso dürfen Krone und Baumspitzen jetzt etwas reduziert werden, Obstbäume und -sträucher brauchen Sonne bis ins Innere, damit erstens die Früchte reifen und zweitens die Blätter immer gut trocknen (was Pilzbefall vorbeugt). Hat sich ein Baum zu schnell entwickelt und einen verhältnismäßig dünnen Stamm, hilft ein Rindenschnitt: leicht schräg im Abstand von 5 Zentimetern etwa 15 Zentimeter lange Schnitte durch die komplette Rinde setzen. Der Baum wird zwar verletzt, muss sich aber für den Wundenschluss auf Stammwuchs konzentrieren.
Zu guter Letzt sollte man auch die kleinen Zweige wegzwicken, die kreuz und quer herumwuchern. Sie sind Krafträuber. Grundsätzlich ist Vorsicht erst immer dann geboten, wenn man in „altes Holz“ schneidet.
Was, Wassertrieb?
Ein Lieblingswort unter den Obstschnitt-Akademikern ist der „ Wassertrieb“. Die müsse man unbedingt und schonungslos entsorgen. Auf die Frage, woran man denn so einen „Wassertrieb“ erkennt, kommen eher durchwachsene Erklärungen, die aber fast immer die Phrasen „na der so außeschießt“ (auch als „auFeschießt“), „unnedich“ [unnötig], „net mit Frucht belegt“ und „waast eh!“ beinhalten. Tatsächlich erkennt man die Wassertriebe bei genauer Betrachtung leicht, sie sind kraftvoll, gerade, blattreich und jung. Man kürze sie einige Triebe nach jener Stelle, wo sie dem (sichtbar) alten Holz entwachsen sind. Übrigens kann man diese Triebe einsetzen.
Der richtige Zeitpunkt für den Obstschnitt kommt zweimal im Jahr, wobei über den Sommerschnitt jetzt gerade niemand nachdenkt. (Mitte Juni bis Mitte Juli, um Fruchtbildung zu fördern). Der Winterschnitt ist ab dem Laubfall (Saftruhe) bis April perfekt, aber keinesfalls bei Frost. Bei zu spätem Schnitt treibt der Baum nicht richtig aus, und wird wenig Frucht tragen – eine SKAZFO (Schlimmste Katastrophe Aller Zeiten Für Obstgartler).