Netrebko fordert Russland auf, Krieg zu beenden – und löscht Posting wieder
Die russische Opernsängerin Anna Netrebko meldete sich am Dienstag mit eindeutigen Worten auf Instagram - und löschte diese dann wieder: Sie forderte Russland auf, den Krieg zu beenden. "Ich habe bereits gesagt, dass ich gegen diesen sinnlosen Krieg bin", schrieb die Sängerin am Dienstag in dem Instagram-Post, das am Dienstagnachmittag abrufbar war, bevor es verschwand. "Ich fordere Russland auf, diesen Krieg jetzt zu beenden, um uns alle zu retten! Wir brauchen Frieden!" In dem Posting ist ein Bild von Netrebko mit dem russischen Dirigenten Valery Gergiev zu sehen, der in den vergangenen Tagen wegen seiner Putin-freundlichen Haltung von mehreren Häusern ausgeladen wurde.
Indes hat sie all ihre Auftritte für die kommenden Monate abgesagt. Es sei "nicht die richtige Zeit für mich aufzutreten und zu musizieren", so die 50-jährige Sopranistin in einem Statement. Zuvor hatte die Bayerische Staatsoper am Dienstag ihr Engagement annulliert: Als Grund wurde "fehlende ausreichende Distanzierung" im Zusammenhang mit Russlands Krieg gegen die Ukraine genannt.
Bayerische Staatsoper annullierte Engagement
Die Bayerische Staatsoper beendete am Dienstag die Zusammenarbeit mit Netrebko und Gergiev. "Aufgrund des schrecklichen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine und einer fehlenden ausreichenden Distanzierung von Valery Gergijev u Anna Netrebko wird die Bayerische Staatsoper die bestehenden Engagements annullieren", schrieb Serge Dorny, Leiter der Bayerischen Staatsoper, auf Twitter.
"Für die Bayerische Staatsoper sind der Respekt voreinander und der Dialog miteinander absolut essentiell für ein friedvolles und humanitäres Zusammenleben", so Dorny weiter.
Netrebko sagte nach Gergiev-Rausschmiss Scala-Auftritt ab
Zuvor hat Netrebko Auftritte an der Mailänder Scala abgesagt, nachdem das Opernhaus Gergiev das Dirigat entzogen hatte. Die Wahlösterreicherin wird nicht als Protagonistin der Oper "Adriana Lecouvreur" auftreten, die an der Scala am 9. März geplant ist. Die italienische Tageszeitung "La Repubblica" hatte zunächst geschrieben, dass Netrebko aus gesundheitlichen Gründen nicht auftreten würde. In einer Instagram-Story dementierte die Sängerin das: "Healthy, but not coming", teilte sie mit ("Gesund, aber ich komme nicht).
Mittlerweile hat Netrebko alle Konzerte für die kommenden Monate abgesagt, darunter jenes in der Hamburger Elbphilharmonie.
"Nach reiflicher Überlegung habe ich die äußerst schwierige Entscheidung getroffen, mich bis auf weiteres aus dem Konzertleben zurückzuziehen", ließ die Wahlösterreicherin über den Veranstalter River Concerts am Dienstag mitteilen.
"Es ist nicht die richtige Zeit für mich aufzutreten und zu musizieren. Ich hoffe, dass mein Publikum diese Entscheidung verstehen wird", heißt es in dem Statement weiter. Das für den 2. März in der Hamburger Elbphilharmonie geplante Konzert mit ihrem Ehemann Yusif Eyvazov wird auf den 7. September verschoben.
Netrebko: "Bin kein politischer Mensch"
Vor wenigen Tagen hatte Netrebko sich auf Facebook zum Ukraine-Krieg geäußert: "Ich bin gegen diesen Krieg. Ich bin Russin und liebe mein Land, aber ich habe viele Freunde in der Ukraine, und der Schmerz und das Leid in diesem Moment bricht mir das Herz. Ich möchte, dass dieser Krieg endet und die Menschen in Frieden leben können. Das ist es, was ich hoffe und wofür ich bete."
Die Sängerin fügte jedoch hinzu: "Es ist nicht richtig, Künstler oder andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu zwingen, ihre politische Meinung in der Öffentlichkeit zu äußern und ihr Heimatland anzuprangern. Dies sollte eine freie Entscheidung sein. Wie viele meiner Kollegen bin ich kein politischer Mensch. Ich bin kein politischer Experte. Ich bin Künstler und mein Ziel ist es, Menschen über politische Grenzen hinweg zu vereinen." Für diese Passage war sie in die Kritik geraten.
Gergiev in München gefeuert, aus Grafenegg ausgeladen
Der russische Dirigent Gergiev hat wegen seiner Haltung mittlerweile mehrere Engagements verloren. Der Mailänder Bürgermeister Giuseppe Sala, Präsident der Stiftung, welche die Scala verwaltet, hatte am Freitag gemeinsam mit Scala-Intendant Dominique Meyer vom 68-jährigen Maestro Gergiev eine klare Positionierung gegen den Ukrainekrieg gefordert. "Wir haben keine Antwort erhalten. Wir hatten ihn aufgefordert, sich ebenfalls eindeutig von dem Angriffskrieg zu distanzieren", sagte Sala am Montag in Mailand.
Nach Verstreichen eines Ultimatums wurde Gergiev das Dirigat von Tschaikowskis "Pique Dame" entzogen. Noch unklar ist, wer Gergiev für die fünf Konzerte der "Pique Dame"-Serie ersetzen wird. Es handelt sich um eine Oper, die nicht oft aufgeführt wird. Die meisten russischen Dirigenten sind derzeit in der Heimat und können nicht reisen.
Die Münchner Philharmoniker haben sich indes ebenfalls von Gergiev getrennt und auch aus Grafenegg wurde er ausgeladen (mehr dazu hier).