Kultur/Medien

Eine sehr spezielle "Zeit im Bild"

Für einen normalen Montagabend war es diese Woche unerwartet politisch im Fernsehen. Auf ORF 2 wäre wie in den vergangenen zwei Jahrzehnten eigentlich die „Millionenshow“ mit Armin Assinger gelaufen.

Quizfrage eins: Wo war das Fernsehratespiel hingeraten? Denn auf ORF2 lief zur besten und wichtigsten Sendezeit eine „ZiB Spezial“.

Quizfrage zwei: Was war der Anlass für die Sondersendung, in der Bundeskanzler Sebastian Kurz ein Interview zur Impfstrategie gab?

Auf Social Media war das Urteil schnell gefällt: Hier war – eh klar, alles ist politisch gesteuert – eine prominente Sendefläche für einen PR-Kanzler geschaffen worden. Womöglich auf dessen Zuruf und wahrscheinlich, um guten Wind für ORF-Chef Alexander Wrabetz zu machen. Der will im August als Generaldirektor wiederbestellt werden und braucht dazu vor allem eine Partei: die ÖVP.

Aber ist es so einfach?

Recherchen des KURIER ergeben ein vielschichtiges Bild davon, wie die Sendung zustande kam.

Da wäre einmal der ungewöhnliche Zeitpunkt – ein an und für sich ereignisloser Montag. Wie mehrere Quellen berichteten, hatte man schon vor Wochen von Programmplaner-Seite den Wunsch geäußert, wieder einmal eine Sondersendung zu machen – aus Quotengründen.

Datum unklar

Warum dieser Tag gewählt wurde, ließ sich nicht mehr rekonstruieren, allerdings, so war hinter den Kulissen zu erfahren, hatte man an diesem Montag mit einer Entscheidung zu großen Themen gerechnet.

Und was war der Neuigkeitswert der Sendung?

Für eine Sonder-„Zeit im Bild“ war dieser unterdurchschnittlich. Selbst das Studio-Interview mit Kanzler Kurz war voraufgezeichnet. Vor allem fehlte eine Neuigkeit personell: Neo-Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein war gar nicht eingeladen. Warum? „Bundesminister Mückstein war zuletzt im ,Ö3-Wecker‘ und in der ,ZiB 2‘ in Einzelinterviews zu Gast“, so das Statement des ORF. Aha.

In der Montags-Redaktionssitzung ging es jedenfalls rund: Redakteursvertreter beklagten sehr deutlich den mangelnden Nachrichtenwert der Sendung (womit sie recht behalten sollten).

War es also eine von Kurz bestellte PR-Sendung?

Das behauptet keine seriöse Quelle. Und falls doch, wäre dieses PR-Manöver ein Eigentor gewesen, denn die Diskussion um das Verhältnis von Kanzler und Medien ist damit um eine Facette reicher. Was stimmt ist, dass Kurz sich einem für ihn thematisch angenehmeren Live-Interview stellte: Bei einer Impf-Sondersendung war nicht mit Fragen zu ÖBAG-Chats und anderen Skandalen zu rechnen. Ein angepeilter „ZiB2“-Auftritt aus der Vorwoche, so heißt es in der Redaktion, sei etwa nicht zustande gekommen.

Die Quoten, so betont man im offiziellen ORF, waren gut: 672.000 Seher waren dran, der Marktanteil betrug 22 Prozent. Den Vorwurf der Belangsendung will man so nicht stehen lassen: „ORF 2 präsentiert im Rahmen seiner umfassenden Corona-Berichterstattung ,ZiB-Spezial‘-Ausgaben nicht nur zu tagesaktuellen Entwicklungen, sondern seit geraumer Zeit auch vertiefend zu den wichtigsten Fragen rund um Corona.“

Was bleibt, ist der Eindruck, hier werde mit Sendezeit recht locker umgegangen – Ereignisse braucht es jedenfalls nicht mehr für eine Sonder-„ZiB“.