Paaradox:: Autofahrer unterwegs
Sie
Autoreisen mit dem Mann nebenan sind erheiternd, erhellend und mitunter erschöpfend. Erheiternd vor allem deshalb, weil wir uns für längere Fahrten Spiele ausdenken. Ratespiele etwa, wobei ich mir bei dem von ihm erfundenen Quiz Kickerfrisuren aus drei Jahrzehnten eher schwertu.
Das Einzige, was mir da einfällt, ist das „Prohaska“ zum Schneckerl. Oder die Föhnfrisur des Walter Schachner – das nur, weil ich in den mit 17 für ein paar Minuten verknallt war.
So lange, bis ich ihn das erste Mal im Radio sprechen hörte. Erhellend empfinde ich hingegen mein Ratespiel Wie gut kennst du deinen Partner? als Härtetest für seine emotionale Intelligenz. Und mit so feinsinnigen Fragen wie „Was war mein schönstes Erlebnis mit dir?“ oder „In welches Pyjamabein schlüpfe ich abends immer zuerst?“ Da ist er so gefordert, dass er nach der dritten Frage sagt: „Spiel’ ma bitte wieder was anderes?“
Überraschend präzise
Und dennoch ist er immer wieder für eine Überraschung gut. Etwa als er mir unlängst auf die Frage „Was habe ich bei unserem ersten Date getragen?“ präzise mein Outfit beschreiben konnte und sogar die Farbe meiner Ohrringe. Aber hallo, Maestro Hufnagl.
Erschöpfend wird’s hingegen für mich, wenn ich als Beifahrerin in die Assi-Rolle schlüpfen muss. Etwa, wenn wir uns auf der Fahrt was zu essen kaufen – und ich ihn dann mit Burgerhappen, üppigst in Ketchup getunkte Pommes und vorgekauten Hühnernuggets füttern darf, während Oh Captain, mein Captain souverän die Spur hält. An Grindigkeit kaum zu übertreffen: das Auswickeln, Portionieren und Reichen extragrauslicher Karamell-Schokoriegel.
Ein Vorgang, der immer dazu führt, dass meine Finger komplett picken und ich die ganze Fahrt von Seifenspendern und Handduschen deliriere. Aber wenn ich mich dann beschwere, faselt der Mann was von Klebstoff, Liebe und Zusammenhalt. Das ist der Moment, in dem ich anrege, eine Runde Ich seh’, ich seh’, was du nicht siehst zu spielen.
Er
Ich mag auf Autoreisen z. B. das Spiel, sich aus zwei Buchstaben von Autokennzeichen die Initialen prominenter Menschen auszudenken. Wenn also ein Pilot aus Paderborn (PB) in unser Blickfeld flitzt, rufe ich: „Bill Pullman!“ Und zwar wahrscheinlich früher als meine Frau Brad Pitt. Das Problem ist lediglich das Übereinkommen, dass die genannten Namen uns beiden bekannt sein müssen. Weshalb ich mein gigantisches Fußballer-Repertoire nicht abrufen darf.
Der Limburger Wohnwagen (LM) schafft es zwar mit meinem „Lionel Messi“ gerade noch in die Wertung, aber wehe ich werfe im Angesicht eines Coburgers (CO) blitzschnell „Chinedu Obasi“ in die Runde, dann höre ich fix: Bitte, wer soll das sein?
Meine Antwort: „Hallo? Nigerianischer Mittelstürmer von Altach … den kennt echt jeder?“ Darauf reagiert die Liebste gerne beleidigt und sagt Na gut, Chinpa Orgyen, das ist ein tibetischer Mönch. Und ich: „Schatzi, das gilt nicht, den hast du jetzt erfunden.“ Und sie: Na und?
Gute Laune bitte
Spätestens an diesem Punkt beenden wir das Spiel. Weil ich mein Initialen-Potenzial (das ich bei Solo-Fahrten trainiere) nicht überstrapazieren und es mir mit der Liebsten nicht verscherzen will.
Ich benötige nämlich ihre Unterstützung als Beifahrerin – ob es sich um Musikunterhaltung oder Süßigkeitenaufbereitung handelt. Da kann ihre gute Laune nicht schaden. Die im Übrigen ihre größte Bewährungsprobe hat, wenn ich sie bitte, im Smartphone die aktuellen Spielstände der österreichischen Golfprofis zu checken.
So ein Ansinnen kann sich mitunter zur Tragikomödie entwickeln, weil ihre Fragen (Wo muss ich da klicken?), ihre Feststellungen (Da steht nix!) und ihre Ausführungen (Da ist ein Fünfer mit Ringerl drumherum), einen Passiv-Konsumenten durchaus fordern. Wie schön, wenn in diesem Augenblick ein Auto aus dem Kreis Ostholstein an uns vorüberfährt, und ich rufen kann: „Da schau, OH. Wie Osterhase.“ Dann ist alles gut. Fröhliche Ostern!