Kolumnen

Johannas Fest: Achtung, die LOHAS kommen!

Kopfschüttelnd zeigt mir mein Freund Gerd eine Essenseinladung, die ihm gerade ins Haus geflattert ist. Ein gemeinsamer Bekannter lädt am 29. September zur Wahlparty. Das wäre ja noch nichts Besonderes. Aber, so geht aus der Einladung hervor, auf dem Menü steht Walfleisch. Was wohl als exklusiver Gag gedacht war, geht aus ökologischer und ethischer Perspektive gar nicht; genauso wenig wie Kaviar, gestopfte Gänseleber, Froschschenkel oder Schildkrötensuppe, die allesamt noch vor dreißig Jahren als „must haves“ in Haubenlokalen auf den Speisekarten standen.

Noch bilden in unserer Wohlstandsgesellschaft Konsumenten, die sich der Zusammenhänge zwischen ihrem persönlichen Umgang mit Nahrungsmitteln – vom Einkauf bis zum Verzehr – und den ökonomischen und ökologischen Auswirkungen ihres Verhaltens nicht bewusst sind, die Mehrheit. Einkauf und Ernährung hat mit globaler, weltbürgerlicher Verantwortung zu tun. Wer annimmt, dass sein persönlicher Lebensmittelmüll weltweit etwa so viel bewegt, wie das Umfallen eines Fahrrads in China, irrt: Schließlich hat das Ernährungsverhalten der Menschen in den industrialisierten Staaten Auswirkungen etwa auf die Vernichtung bäuerlicher Strukturen und in deren Folge Hunger und Verelendung in anderen Teilen der Welt.

Gäste auf unserem Planeten

Wenn ich Gerd und seine Frau Inge zu einem Fest einlade, setze ich noch mehr als sonst auf Regionalität und Saisonalität. Die Eltern von drei Kindern im Alter von 9 bis 15 Jahren leben ihrem Nachwuchs und ihrem Freundeskreis nämlich tagtäglich vor, was politisch und ökologisch korrekt und dennoch gut essen heißt. Die Lebensmittel kommen aus der näheren Umgebung, Erdbeeren und Spargel gibt es dann, wenn diese Köstlichkeiten Saison haben und Gemüse steht täglich, Fleisch hingegen nur einmal pro Woche auf dem Speiseplan. Wenn die Familie auswärts ist, bestellen die Eltern meist nur drei und nicht fünf Hauptspeisen. Bleibt trotzdem was über, landen die Reste nicht im Müll, sondern werden eingepackt und später daheim verzehrt. Schließlich sind Lebensmittel kostbar.

Dennoch landen laut Lebensministerium allein in Österreich pro Jahr ca. 96.000 Tonnen genießbare Lebensmittel auf dem Müll.

Inge und Gerd sind – ohne es zu wissen – astreine LOHAS. Der Begriff ist ein Akronym, das für „Lifestyle Of Health And Sustainability“ steht, also für einen „Lebensstil der Gesundheit und Nachhaltigkeit“.

Sie leben vor, dass Hedonismus und ökologische und soziale Verantwortung vereinbar sind. Und sie tragen dazu bei, den Zustand unseres Planeten, auf dem wir alle nur Gäste sind, bestmöglich zu schonen.

Die Zahl der Menschen, die sich hochwertige Nahrungsmittel wie Fisch, Fleisch- und Milchprodukte leisten können, beträgt derzeit drei Milliarden und steigt insbesondere in den Schwellenländern rasant an. Um ein Kilo Schweine- oder Hühnerfleisch herzustellen, braucht es zwei Kilo Mais, Soja oder Weizen. Bei Rindfleisch sind es sogar sechs Kilo. Würden alle Erdenbürger konsumieren wie ein Europäer, bräuchten wir nicht nur einen, sondern drei Planeten!