Wurden sogar 4300 in dieser Nacht ermordet?
Von Heinz Wagner
Neuere Forschungen besagen, dass wahrscheinlich nicht 2.897 Roma und Sinti in der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau vergast worden sind, sondern wahrscheinlich sogar 4.300. Dies wurde bei der Gedenkkundgebung am Ceija-Stojka-Platz (Wien-neubau) Freitagabend bekannt.
Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart
75 Jahre nach dieser sogenannten Zigeunernacht wurde nicht nur dieser einen Nacht, sondern des Völkermordes der deutschen Faschisten mit einer halben Million Opfer gedacht. Es blieb aber – wie auch bei den Veranstaltungen in den vergangenen Jahren – nicht bei der Vergangenheit. Praktisch alle Rednerinnen spannten die Brücke zum heute. Und auch nicht nur in Sachen Verfolgung von Roma und Sinti. Antiziganismus und Rassismus sind Brüder im Geiste und so manche dieser Brüder sind in so manchen Ländern an der Macht. „Kethane Sam Zurale“/ „Nur zusammen sind wir stark“ – war der Tenor der Rednerinnen was dieser Gefahr von rechts entgegengesetzt werden kann.
Denkmal fehlt (noch?)
Auch wenn dieser Platz nach der Schriftstellerin, Malerin, Aktivistin Ceija Stojka benannt ist, die als eine der ersten als Überlebende von Hitlers Vernichtungsmaschinerie sich der Aufklärung des Genozids an ihrer Volksgruppe verschrieben hatte, so fehlt ein zentrales Mahnmal an dieses Verbrechen. Auch das wurde in den Reden thematisiert.
Rednerinnen
Gesprochen hatten die Journalistin, Bloggerin und Aktivistin Gilda Horvath, Wiens Vizebürgermeisterin Birgit Hebein, Dagmar Schindler vom KZ-Verband/Verband der AntifaschistInnen, Marion Dworczack von Voice of Diversity, Laura Moldovan (Chefredakteurin von romblog.at)
Überleben feiern
Für stimmungsvolle Musik – mehrere Rednerinnen betonten auch, die Veranstaltung solle nicht nur eine Trauerfeier sein, sondern auch ein Fest der Freude der (Über-)Lebenden – sorgte die Gruppe Amenza Ketane sowie ein Rap-Gedicht von „Nancy Black“ alias Gilda Horvath, in dem die Kollaborateure mit den Faschisten verlacht werden.
Begegnungen
Die diesmal vor allem von der Familie Stojka initiierte Veranstaltung - gemeinsam mti den erwähnten Vereinen (dazu noch Lovara-Roma Österreich), unterstützt vom Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus sowie dem Bundeskanzleramt, verstand sich auch im Anschluss ans Entzünden von Gedenkkerzen rund um Sonnenblumen, Ceija Stojkas Lieblingsblumen, als Begegnungsort zur Erzählung von Geschichten, weiteren Gesangs- und Gedicht-darbietungen.
Viele junge Roma-Aktivist_innen, die in den vergangenen Jahren Teil der Veranstaltung waren, gedachten in diesem Jahr nicht in Wien, sondern in Polen bei der internationalen Gedenkveranstaltung in Auschwitz.