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Selbsttest-Kits: Stundenlanges, vergebliches Warten am Sonntag

Es ist ja nicht so, dass Direktorinnen und Direktoren derzeit langweilig ist. Fast täglich müssen sie auf neue Verordnungen reagieren, Stundenpläne umwerfen, den Unterricht neu organisieren. Dass sie jetzt am Wochenende in der Schule sein sollten, um die Corona-Selbsttests zu empfangen, nahmen viele etwas verärgert zur Kenntnis. Dass diese Tests dann in vielen Fällen gar nicht in der Schule angekommen sind, hat ihre Stimmung nicht gerade verbessert.

"Stümperhafter geht es wohl nicht. Da haben die Verantwortlichen nicht einmal die Basis von Projektmanagement verstanden", urteilt eine NMS-Direktorin gegenüber dem KURIER. Nicht nur sie war verärgert.

Chronologie des Chaos

Sie beschreibt, wie chaotisch die erste Lieferung war. "Begonnen hat es am vergangenen Dienstag" berichtet sie. "Da trudelte gegen 8 Uhr ein Mail des Ministerium bei uns ein, dass wir bis 11 Uhr Bescheid geben sollen, wer am kommenden Samstag oder Sonntag die Corona-Tests in Empfang nimmt. Das konnte die Direktorin, eine Lehrkraft oder der Schulwart sein."

Klingt einfach, doch wer sich mit den Tücken des Schulalltags auskennt, weiß, dass es das eben nicht ist. Denn Lehrpersonen haben keine Schlüssel, und die Direktoren dürfen sie ihnen aus rechtlichen Gründen auch nicht so einfach überlassen. Bleibt der Schulwart. "Doch der hat sofort seinen Dienstgeber - in Wien ist das die MA 56 - kontaktiert und gefragt, ob er hierfür extra honoriert würde."  Doch die Stadt sollte diese Leistung nicht extra vergüten. Also blieb alles an den Schulleitungen hängen.

Kurzfristig abgesagt

Am Freitag haben die Direktionen dann erfahren, dass sich die Lieferung um einen Tag verzögert. "Die Tests sollen am Sonntag und Montag ausgeliefert werden", berichtet die NMS-Direktorin. "Am Freitag um 18 Uhr haben wir erfahren, dass die Lieferung am Sonntag zwischen 16 und 20 Uhr da sein sollte."

Also saß die Direktorin in der Schule. Dort erfuhr sie dann gegen 15.30 Uhr, dass ihre Tests nicht am Sonntag geliefert werden - dafür aber die von einer Volksschule in der Nähe, für die die NMS-Direktorin ebenfalls die Kits übernehmen sollte. Doch auch diese Lieferung klappte nicht reibungslos. Denn der Fahrer hatte mehreren Schulen avisiert, dass er demnächst vor ihrer Tür stehen würde. Also wartete die Direktorin und wartete.

Aufregung im Gruppen-Chat

Die Direktorin einer Wiener Handelsakademie berichte dem KURIER Ähnliches: "In unserer WhatsApp-Gruppe herrscht ziemlich dicke Luft, weil viele Schulen so spät davon erfahren haben, dass es mit der Lieferung am Sonntag nichts wird, dass sie bereits im Schulgebäude waren. Außerdem stimmen die Zahlen der Tests nicht mit denen der Schüler überein." Sie waren nicht die einzigen - in vielen sozialen Medien machte sich Unmut breit.

Die NMS-Direktorin versteht die Planung nicht: "Man hätte ja einen Schulwart dafür bezahlen können, dass er für einen ganzen Bezirk die Tests ausliefert. Und zudem kann man über das Verwaltungsprogramm sehr schnell herausfinden, wieviele Schüler es an einem Standort gibt."

Auch in den Bundesländern

Nicht nur in Wien, sondern auch in Niederösterreich und im Burgenland, gab es Probleme, wie eine Schulleiterin berichtet: "Im Mittelburgenland haben die Direktorinnen und Direktoren jetzt von 8 Uhr in der Früh bis Mittag gewartet. Einige wenige wurden in den letzten anderthalb Stunden beliefert. Allerdings fehlten bei etlichen die Probestäbchen, und mehr als die Hälfte der Schulen warten noch immer.“ Aus der Steiermark gibt es ähnliche Berichte.

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Zitate aus Facebook-Postings

„Schülerzahlen aus dem Schuljahr 19/20, daher neue Schulen gar nicht! Es wäre ein einfaches aus Wision die aktuellen Zahlen zu nehmen!“

Aus einer anderen Schule: „Nach vier Stunden in der Schule warten, erfuhren meine KollegInnen der NMS, dass sie keine Lieferung bekommen und heimgehen können. Das ist die neue Wertschätzung.“

Die bekannte ehemalige Direktorin der AHS Rahlgasse schreibt auf Facebook: „Die Direktorin meiner ehemaligen Schule hat nach 4 Stunden vergeblichen Wartens auf dem Umweg der Gewerkschaft der SchulwartÌnnen erfahren, dass nichts mehr kommt. Ohne Worte.“

Aus einer anderen Schule: „Nach vier Stunden in der Schule warten, erfuhren meine KollegInnen der NMS, dass sie keine Lieferung bekommen und heimgehen können. Das ist die neue Wertschätzung.“

Dies ist nur eine kleine Auswahl, zumindest einige Wiener Bezirke – Floridsdorf, Leopoldstadt, Teile von Landstraße, Teile des Burgenlands und der Steiermark dürften unnötig am Sonntag wartende Schulleiter_innen gehabt haben.

Aber es ist nicht nur der Ärger über stundenlanges vergebliches Warten, für manche wären die Test-Kits dringend erforderliche, wie ein anderes Posting zeigt: „Brauchen an den BAfEPs (Bundesanstalten für Elementarpädagogik = Kindergärten) die Tests dringend, weil die SchülerInnen sonst nicht in die Kindergärten dürfen, um ihre Praxiswoche zu absolvieren!“

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Ministeriums-Stellungnahme

Aus dem Ministerium heißt es dazu: „Das Flugzeug, das die Test-Kits brachte, hatte einige Stunden Verspätung. Das führte in Folge bei der Auslieferung zu Verzögerungen. Alle Tests werden aber in den kommenden Tagen an den Schulen sein. Wir bitten um Verständnis, dass bei der ersten Auslieferung an die fast 6.000 Schulstandorte noch nicht alles reibungslos funktioniert hat und entschuldigen uns bei allen, die warten mussten. Und was man noch sagen kann: Auslieferung am Wochenende wird es nicht mehr geben, war immer nur in der ersten Runde geplant."

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