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Mobiles Burg-Kinderstück: Alien verhilft Außenseiterin zu Stärke

Eine Art stilisierte, ein bissl eckige Rakete steht im Zentrum der Bühne. Metallen wirkende fünf hohe Gitterwände mit hier recycelten Tastaturen, Mäusen, Festplatten und anderen Computer-Innereien und noch älteren Front-Teilen von Kassettenrekordern sowie Kabeln – alles kupferfarben bemalt oder besprüht – samt Grünspan-Flecken. Dieses Monstrum ist die – sehr wandelbare und sogar mobile - Kulisse für das rund einstündige Stück „Mein ziemlich seltsamer Freund Walter“ von Sibylle Berg.

Hier im Vestibül des Burgtheaters durfte der Kinder-KURIER bei einer Generalprobe dabei sein. Das fertige Stücke mit der Schauspielerin Pia Zimmermann und dem vor allem als Puppenspieler agierenden Wendelin Weißenberger (Regie und Co-Puppenbauer Richard Panzenböck) scharrt sozusagen in den Startlöchern, um es – sobald Theater wieder Publikum empfangen dürfen – spielen zu können. Und wenn dann Schulen externe Menschen reinlassen dürfen, kann es in Fest-, Turn- oder anderes Sälen und Räumen in Schulen „abgefeuert“ werden.
 

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Die Story...

... knapp zusammengefasst: Lisa ist eine krasse Außenseiterin, fühlt sich von niemandem gemocht – in der Schule und ebenso von den Eltern nicht einmal wahrgenommen. Nur zwei doofe Jungs am Spielplatz, an dem sie täglich vorbei muss, registrieren sie – als „Opfer“. Die All-Interessierte beobachtet eines Abends die Landung eines UFOs. Und den Abflug desselben – hier ein um sein Innenleben befreiter alter Staubsauger mit einer grün blinkenden LED-Leiste. Einer der Außerirdischen ist übrig geblieben. Und weil sie sich seinen Namen Klakalnamanazdta nicht merken oder ihn nicht aussprechen kann, nennt sie ihn Walter. Auch wenn er den ziemlich veraltet findet, gibt er sich damit zufrieden. Dieser Alien – hier ein sehr bieg- und strecksames, flexibles Handpuppen-Wesen – belächelt auch die alten Computer, weiß aber noch viel mehr: Er hat Tipps, wie sich Lisa gegen Mobbing-Attacken wehren, aber auch die – soziale - Distanz zu Mitschüler_innen verringern kann.

Und so erleben wir nach und nach wie Lisa selbstbewusster und damit stärker wird, sich wehrt und doch Freund_innen findet. Auch die Eltern kommen aus ihrer Lethargie heraus und dann ist es gar nicht wirklich schlimm, als Klakalnamanazdta von seinen Artgenoss_innen wieder abgeholt wird. Sie hat gelernt, was sie zum (Über-)Leben braucht.

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Alle anderen sind Puppen - und eine Maske

Diese Entwicklung zur aufgeweckteren Lisa lässt die Max-Reinhardt-Seminar-Studierende Pia Zimmermann durchaus miterleben. Anfangs gibt sie die sehr unsichere und nach und nach die selbstbewusster werdende Lisa. Ihr Bühnenkollege, der MUK-Student Wendelin Weißenberger führt die unterschiedlichsten Puppen: Typ 1 und 2 am Spielplatz, die von einer Rapper-Karriere träumen, aber nur Schwächere suchen als sie selbst sind, bestehen nur aus ihren Köpfen – und die sind Klappmaul-Stoff mit Latex überzogen, die Eltern, die lange nur auf der Couch knotzen bestehen nur aus Köpfen und Oberkörpern, zwei Lisa ärgernde Mitschülerinnen sind kleine Püppchen, die Lehrerin ist eine Maske, die sich der Puppenspieler aufsetzt. Walters Körper ist ein greller Stretch-Stoff, seine Kolleg_innen sind kleine, bunte kentmasse-artige Wesen, die gemeinsam auf Drahtbäumen kurz auftauchen. Leider sind ihre Gesichter mit unterschiedlich vielen Augen praktisch nicht wahrzunehmen. Da bräucht’s ein paar Momente länger, die sie in Erscheinung treten dürften.

Die Stimmen der anderen Figuren kommen vom „Band“, wie es früher hieß, heute natürlich längst aus dem Sound-Computer – aufgenommen von Burgtheater-Größen Birgit Minichmayr und Klaus Maria Brandauer.

In anderen Versionen des Stücks, das vor mehr als einem halben Jahrzehnt geschrieben wurde – wobei der Alien sich wundert, wieso alle in der Schule sitzen und nicht jede und jeder zu Hause am Computer lernt -, so der Regisseur seien alle Rollen von Menschen gespielt worden. Aber das Burgtheater wollte eine Version mit Puppen – ist auch leichter mobil – und billiger.

So habe er – gemeinsam mit Bettina Franz – die sehr unterschiedlichen Figuren erschaffen. Die ja im Grunde genommen auch „nur“ im Kopf von Lisa auftreten – und nicht nur Alien Klakalnamanazdta, pardon, Walter. Die mobilen hohen Kulissenteile, die sich mit wenigen Handgriffen unterschiedlich aufgeklappt zu Wohn- oder Klassenzimmerwänden, zum Spielplatz oder dem Wald umstellen lassen, sind in der Höhe (= Lange) so berechnet, so Panzenböck zum KiKu, „dass sie zerlegt, knapp in einen Transporter passen“. Die jeweils beiden mittleren Abschnitte lassen sich auf- und zu klappen – einmal taucht dort das elterliche Sofa auf, dann wieder die ärgernden Mitschülerinnen, an anderer Stelle die mobbenden Typen usw.

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Mein ziemlich seltsamer Freund Walter
von Sibylle Berg
Burgtheaterstudio

Lisa: Pia Zimmermann (Studierende des Max Reinhardt Seminar)
Universalmensch Ludwig: Wendelin Weißenberger (Studierender der MUK)

Stimmen fast aller anderen Figuren außer Lisa: Klaus Maria Brandauer und Birgit Minichmayr

Regie, Bühne: Richard Panzenböck
Kostüme: Nina Holzapfel
Puppenbau: Bettina Franz, Richard Panzenböck
Musik: Andreas Radovan
Licht: Enrico Zych
Dramaturgie: Maike Müller
Toneinrichtung: Christian Strnad, Andreas Zohner
Regieassistenz: Thelma Rán Guđbjargardóttir
Abendspielleitung: Luisa Reiterer
Kostümhospitanz: Renée Kraemer
Inspizienz: Stefanie Schmitt
Soufflage: Yasmine Steyrleithner
Requisite: Roland Soyka
Bühnentechnik Bernhard Bultmann, Manfred Widmann

Ab 8 Jahren

Wann & wo?
Burgtheater, Vestibül
1010, Universitätsring 2
Telefon: (01) 51 44 44 - 45 45
burgtheater.at

Premiere: bald und danach – sobald möglich – auch mobil für Schulen gedacht.

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