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Jugendstück: Kraftvolle Lebensfreude zweier Mädchen in „verfaulter Welt“

Schrill, bunt, frech, abenteuerlustig. Zwei aufgeweckte junge Mädchen wollen das „echte“, das fast schon erwachsene Leben erobern. Dazu, so finden sie, gehört ein ordentlicher Schuss Alkohol (Weinbrand Mariacron) – getarnt in Kunststoff-Milchflaschen – und mit ein bisschen davon auch gemixt. Zur „Tigermilch“ schütten sie noch viel Maracujasaft. Diese „M“-Getränkemischung (Müllermilch, Maracujasaft, Mariacron) namens Tigermilch wählte Stefanie de Verlasco als Titel ihres vor mehr als sieben Jahren erstmals erschienenen rund 270 Seiten starken Jugendroman. Vor drei Jahren als Film in den Kinos, hat in den vergangenen Monaten die Gruppe „leuchtkraft“ eine Bühnenversion für den Dschungel Wien erarbeitet.

Zu sehen hoffentlich endlich gegen Ende März – siehe Infoblock. Selbst bei der „Geister-Premiere“ für eine Handvoll – weit auseinander sitzender „maskierter“ und zuvor getesteter Zuschauer_innen – inklusive Kinder-KURIER – versprühten Angela Ahlheim als Nini und Ivana Nikolić als Jameelah diese unbändige Energie zwischen noch verspielter Kindheit amt erfunderner „O“-Sprach (alles ist kross) und abenteuerlustiger Jugend. Überbordende Spielfreude. Wie wird das erst sein, wenn – vor allem jugendliches – Publikum im Saal sein darf.

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Beide brennen aufs erste Mal. Und irgendwie lassen sie in diesen Szenen, wo sie’s mit wildfremden angehen wollen, ganz schön offen, ob sie das nun in ihrer – natürlich am Theater, im Film, im Buch sowieso fiktiven – Realität tun, oder sich das alles in ihrer Fantasie ausmalen. Dieses Offen-Lassen ist in der ein bisschen mehr als eine Stunde dauernden Inszenierung (Regie: Julia Nina Kneussel) viel deutlicher zu verspüren als im Roman.

Auch wenn sie dies häufig vermitteln, haben die beiden Mädchen aus einer Plattenbau-Gegend ein alles andere als lustiges Leben. Nins Mutter ist Alkoholiker, der Vater abgehauen. Jameelah konnte mit ihrer Mutter aus dem Irak fliehen, wo der Vater im dortigen Krieg sein Leben gelassen hat. Von der Ausländerbehörde kommen Schreiben, von denen Jameelah gar die Abschiebung fürchtet. „Vielleicht ist Gottes Welt wirklich verfault. Vielleicht gibt es Gott, und vielleicht ist seine Welt auch wirklich verfault“, heißt es an einer Stelle, wobei die „verfaulte Welt“ öfter vorkommt.

Dazu kommt ein Mord an einer guten Freundin, Jasna. Den die beiden noch dazu in einem Häuschen nächtens auf dem Spielplatz zufällig beobachten. Obendrein kommt mit ihrem Freund Amir der falsche in den Knast. Über die Frage, zur Polizei gehen und den richtigen Täter nennen oder nicht, zerbricht mehr oder minder die Freundschaft. Die sie erst im nächsten, letzten tragischen Moment wieder aufnehmen. Als Jameelah und ihre Mutter abgeschoben werden. Über die Absperrung hinweg Freundschaft samt Pinki-Schwur und Ninis Versprechen, die Freundin im Irak zu besuchen.

Und das vor dem Hintergund von ganz realen Kinder-Abschiebungen aus Österreich!

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Tigermilch
leuchtkraft
Schauspiel, 80 Minuten
Nach dem Roman von Stefanie de Velasco

Bühnenfassung: Catharina Fillers
Konzept: Angela Ahlheim, Julia Nina Kneussel
Regie: Julia Nina Kneussel

Darsteller*innen
Nini: Angela Ahlheim
Jameelah: Ivana Nikolić

Bühne, Kostüme: Gudrun Lenk-Wane
Videobearbeitung: Andreas Kurz
Regieassistenz: Isabelle Papst
Hospitanz: Rebecca Richter

Dank an das GRG7 Kandlgasse und Ungerade Wien

Aufführungsrechte: Rowohlt Theater Verlag, Reinbek bei Hamburg
Der Roman „Tigermilch“ von Stefanie de Velasco ist im Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln erschienen.

Wann & wo?
21. bis 24. April 2021
Dschungel Wien: 1070, MuseumsQuartier
Telefon: (01) 522 07 20-20
dschungelwien -> Tigermilch

instagram -> Ninijameelah

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Stefanie de Velasco
Tigermilch
270 Seiten
Ab 14 Jahren
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Taschenbuch: 10.90 €
gebundene Ausgabe: 17,90 €
eBook (ePUB): 8,99 €
Hörbuch (CD): 26,99 €
Zu einer Leseprobe geht es
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