Jugendroman: Hoffnungslosigkeit, Wut und bedingungsloser Zusammenhalt
„Scherbenhelden“ spielt in der Mitte der 1990er Jahre in Leipzig. Der Fall der Berliner Mauer ist erst ein paar Jahre her. Die neue politische und gesellschaftliche Situation nach der "Wiedervereinigung" des Landes aus DDR und BRD bedeutet nicht nur Aufbruch und Euphorie, sondern ist für viele geprägt von Unsicherheit und Perspektivlosigkeit.
Als der 15-jährige Nino mit seinem besten Freund Max nach einem Diebstahl vor der Polizei flieht, werden sie von Punks gerettet. Schon bald ist Nino Teil dieser Jugendkultur, dieser Gruppe von Außenseitern, die sich tagtäglich trifft, um sich zu betrinken und sich so die Zeit vertreibt. Körperliche Auseinandersetzungen mit Neonazis, ein Einbruchversuch, Punkkonzerte und sogar eine Festnahme von der Polizei sind völlig neue Erfahrungen für den Gymnasiasten. Und obwohl er nicht immer mit allem einverstanden ist, was seine neuen Freunde machen, kann er die Gründe dafür nachvollziehen.
Während sich Nino auf dieses neue Leben unter dem Motto „Scheiß drauf, was morgen ist“ einlässt, entscheidet sich Max für seine Familie, die diese Freundschaft nicht mehr akzeptiert. Ein schwerer Verlust für Nino, konnte er doch bisher mit Max über alles reden. Denn auch die Liebe spielt erstmals eine Rolle in Ninos Leben. Obwohl er für das 13-jährige Punkmädchen Zombie Gefühle entwickelt, lässt er sich auf seine Schulkollegin Mila ein, die noch dazu die Ex-Freundin von Max ist. Und auch mit seinem alleinerziehenden Vater kann er darüber nicht sprechen. Denn so respektvoll ihr Umgang miteinander ist, so still ist er auch. Wichtige Themen und Fragen werden totgeschwiegen. Unter anderem auch Ninos Sehnsucht nach seiner Mutter, die die beiden vor Jahren verlassen hat, um in den Westen zu gehen.
Der Autor Johannes Herwig, der selbst der Punkszene kurz nach der Wende angehörte, beschreibt diese völlig natürlich und authentisch. Man kann die Hoffnungslosigkeit, Wut und auch den bedingungslosen Zusammenhalt nachvollziehen. Der Jugendroman ist nicht nur zeit- und kulturhistorisch spannend, auch die zwischenmenschlichen Beziehungen werden feinfühlig erzählt.
Idee und Text: Johannes Herwig
Scherbenhelden
272 Seiten
ab 14 Jahren
Gerstenberg Verlag
16,50 €
Zu einer Leseprobe und einem Video des Autors geht es hier