Chronik/Wien

Wiener Ärztekammer: "Handgreiflichkeiten" und "Putsch" in Sitzung

Der in der Wiener Ärztekammer tobende Krieg, der wegen des Finanzskandals rund um die kammereigene Firma Equip4Ordi begonnen hat, hat weiter an Fahrt aufgenommen. Die Kuriensitzung am Freitagabend dürfte vollkommen aus dem Ruder gelaufen sein. 

Erik Randall Huber, Vizepräsident und Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte spricht von einem „Putschversuch“ und „Handgreiflichkeiten“ während der Sitzung. Dem KURIER liegt ein von mehreren Anwesenden unterschriebenes Gedächtnisprotokoll vor, das die Vorgänge bestätigt.

Mitarbeiter abgezogen

Demnach soll Huber kurz vor der Sitzung ein Schreiben von der Kammeramtsdirektorin erhalten haben, dass der Präsident, also Hubers Gegenspieler Johannes Steinhart, ihr eine Weisung erteilt habe, alle Mitarbeiter bis auf eine von der Kuriensitzung abzuziehen. Im Regelfall benötige man für eine Sitzung sechs bis acht Mitarbeiter.

Die Sitzung wurde trotzdem begonnen, soll aber alsbald von lautstarken Erklärungen, dass Huber befangen sei, unterbrochen worden sein. Der verbalen Auseinandersetzung sollen auch Handgreiflichkeiten gefolgt sein. 

Danach sollen mehrere Mandatare die Sitzung verlassen haben und im Raum nebenan eine eigene Sitzung abgehalten haben. Hubers eigene Sitzung musste hingegen wegen „mangelnder Beschlussfähigkeit geschlossen werden.“

Entlassene Leiterin wieder eingesetzt

Bei den Teilnehmern der Konkurrenzsitung  beurteilt man die Lage freilich anders. Dort wurde Huber Befangenheit ausgesprochen, nachdem er "Geschäftsordnungs-widrig wichtige Anträge nicht zugelassen" habe, wie heute via Presseaussendung von der Vereinigung Österreichischer Ärztinnen und Ärzte kundgetan wurde. Zudem sei dort einstimmig beschlossen worden, die per Weisung entlassene Leiterin des Ärztefunkdienstes, Yvetta Zakarian, wieder in ihre Position einzusetzen und ihr Dienstverbot aufzuheben. Die Chefin des Ärztefunkdiensts war im August gefeuert worden. 

 Wiener Ärztekammer: Chefin des Ärztefunkdiensts gefeuert

Sie hatte zuvor auf ihrem Facebook-Account eine (inzwischen gelöschte) „Fabel“ gepostet, bei der es sich für Kammer-Insider unmissverständlich um eine Schilderung der inneren Konflikte in der Kammer handelt. Samt unverhohlener Angriffe auf die Gegner von Kammerpäsidenten Johannes Steinhart - wie eben Huber, der KURIER berichtete.

Verdunkelungsgefahr

Huber will die Gründe für die neuerliche Eskalation kennen: Er habe vor wenigen Tagen eine Sachverhaltsdarstellung gegen Steinhart eingebracht. Demnach brauche es sofortige Maßnahmen gegen Steinhart wegen „Verdunkelungsgefahr" in der Causa Equip4Ordi.

Streit in Ärztekammer eskaliert: Misstrauensantrag gegen Vizechef Huber

Dabei geht es um fragwürdige Prämienzahlungen und Kreditgeschäfte. Gegen zwei mittlerweile entlassene Ärztekammer-Mitarbeiter und einen Manager der Firma ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Untreue. Der kammerinterne Streit dreht sich seit mehreren Monaten rund um die Frage, ob Kammerpräsident Johannes Steinhart eine Mitverantwortung für die Affäre trägt, da er bis zum Vorjahr Obmann der Niedergelassenen-Kurie war.