Wegen Strache droht Wiederholung der Wien-Wahl
Von Josef Gebhard
Es ist ein Vorgang, der im Wiener Polit-Alltag so noch nicht vorgekommen ist: Wegen einer Anzeige muss Heinz-Christian Strache beweisen, dass sein Hauptwohnsitz und Lebensmittelpunkt in Wien ist. Gelingt ihm das nicht, darf er nicht für die Gemeinderatswahl kandidieren.
Für Juristen und Immo-Experten, die der KURIER befragt hat, gäbe es eine Reihe von möglichem Beweismaterial: Strom- und Gasrechnungen etwa könnten belegen, dass die Wohnung im betreffenden Zeitraum tatsächlich bewohnt war. Oder Rechnungen von Bestellungen bei Online-Versandhäusern mit einer entsprechenden Lieferadresse.
Eine wichtige Rolle könnten auch Zeugenbefragungen spielen. Wobei die Beamten der zuständigen MA 62 nicht nach Klosterneuburg fahren können, um dort Nachbarn der Straches zu befragen, sehr wohl können sie aber nach Wien geladen werden, wie Christine Bachofner, Leiterin der MA 62, erläutert.
Fraglich ist, ob die jüngsten widersprüchlichen Aussagen dazu beitragen, den Verdacht Strache gegenüber zu entkräften. So betonte Christian Höbart, Generalsekretär des Team HC, noch am Freitag: „Sein Lebensmittelpunkt, egal ob als Parteiobmann oder als Vizekanzler, war die letzten 15 Jahre Wien und ist es auch noch heute.“ Bei Strache selbst klingt das etwas anders: „...mein nachweislicher Lebensmittelpunkt ist seit März 2020 eindeutig überwiegend in Wien“, postete er auf Facebook.
Zuletzt hatte die FPÖ damit gedroht, die Wahl anzufechten, sollte Strache trotz der Ungereimtheiten rund um seinen Wohnsitz kandidieren. Glaubt man Juristen, könnte eine erfolgreiche Anfechtung weit größere Folgen haben, als dass Strache sein Mandat verlieren würde. Denn gerade beim Team HC, das den Spitzenkandidaten sogar im Parteinamen hat, hat dessen Antreten einen beträchtlichen Einfluss auf das Wahlverhalten.
Auswirkungen
Soll heißen: Schafft die Partei mit Strache als Spitzenkandidaten vielleicht fünf Prozent und damit den Einzug in den Gemeinderat, würden ohne ihn die Partei wohl deutlich weniger Menschen wählen. Das hat Auswirkungen bis hin zur rechnerischen Möglichkeit oder Unmöglichkeit bestimmter Koalitionsvarianten.
Daher – so die Meinung mancher Juristen – sei nicht auszuschließen, dass der Verfassungsgerichtshof die Wahl zur Gänze aufheben könnte, sollte Strache zu Unrecht kandidiert haben. Mit allen Konsequenzen einer Wahlwiederholung.