Silvestertrends bei Witte: Sprechende Schweine auf Hauspartys
Von Nina Oezelt
In der Linke Wienzeile 16 können Tiere sprechen. Das ist - wie könnte es anders sein - ein großer Renner. Petra Seidl kennt den Trick dahinter: "Man sagt etwas vor und die Tiere sprechen es nach".
Seidl ist Mitarbeiterin im Traditionsgeschäft Ed. Witte. Dort bekommt man seit 1862 alles, was man zum Feiern von Anlässen braucht. Jetzt, kurz vor Silvester, sind das unter anderem besagte sprechende Tiere - aus Plüsch. Bestseller ist derzeit das Schwein.
Dass die Verkäuferin so viel Zeit zum Erzählen hat, ist für die Tage um den Jahreswechsel ungewöhnlich. "Man merkt, dass die Menschen weniger Geld haben", sagt Seidl.
Stammkunden kämen vorbei und würden erzählen, dass sie in Kurzarbeit oder arbeitslos seien nicht mehr so viel Geld ausgeben könnten. "Wir verkaufen eben keine lebensnotwendigen Dinge."
Und doch versuchen die Kunden, sich Silvester mit den Waren von Ed. Witte so schön wie möglich zu machen. Oder besser gesagt: Das, was von Silvester übrig ist.
Absagen über Absagen
Noch vor wenigen Wochen sah es so aus, als ob Feiern im großen Stil stattfinden können. Doch die Omikron-Welle hat die Pläne weltweit geändert.
In Rom und in Venedig wurden die großen, öffentlichen Partys abgesagt. Das Feuerwerk an der Champs-Élysées in Paris wird nicht stattfinden. In London fällt die Party am Trafalgar-Square ins Wasser.
In Indiens Hauptstadt Neu-Delhi gibt es keine öffentliche Feier und am Shibuya Crossing, dem Time Square von Japan, findet zum zweiten Mal keine Countdown-Zählung statt.
In Wien wurden der beliebte Silvesterpfad und auch das Feuerwerk beim Rathaus in weiser Voraussicht bereits im Oktober abgesagt. Die Gastronomie schließt bereits um 22 Uhr. "Wir feiern zu Hause", ist also für die meisten die Devise.
Sprudel im Großformat
"Willst du lieber die Champagner-Ballons oder doch die Einhorn-Ballons?", fragt eine Kundin bei Ed. Witte ihren Partner. Er ist für die übergroßen Helium-Champagner-Flaschen. "Wo sind denn die bunten Haarsprays?", fragt er Verkäuferin Seidl, die sogleich das Gewünschte bringt.
"Glitzer, Gold und Silber sind zu Silvester die wichtigsten Farben", sagt Seidl und zeigt auf die Hüte im Regal. Die bunte Mütze kostet 11,90 Euro, die silberne 14,90 und jene mit der Aufschrift "Neues Jahr" 5,90.
Es gibt auch eine 2022-Brille. Und viele Glücksbringer: kleine und große Schweine, Rauchfangkehrer, Hufeisen, Geldmünzen, Kleeblätter, Marienkäfer. Die Preise starten bei 20 Cent.
"Die kleinen Glücksbringer werden gerne gekauft, für viele sollen sie in die Geldbörse passen", sagt die Verkäuferin.
Masken als Überraschung
"Tischfeuerwerke, verkaufen wir aber auch ganz gut". Die gebe es in klein und groß, sie seien perfekt für die Feier zu Hause. Außerdem seien sie auch für Kinder geeignet.
Diese kleinen Feuerwerke sind Überraschungspakete, die man auf den Tisch stellt, anzündet und die sich daraufhin öffnen. Darin befinden sich meist Masken.
Zur Beruhigung: Es sind keine Corona-, sondern Augenmasken, Hüte, unechte Bärte oder Pfeifen.
Was früher die Luftschlangen waren, sind heute übrigens die Konfetti-Kanonen. "Aus den Konfetti-Kanonen kommt Konfetti-Regen geschossen. Noch beliebter sind aber die Konfetti-Kanonen, die mit Luftschlagen gefüllt sind", sagt die Verkäuferin. Der Grund: Diese Variante mache weniger Schmutz.
Lady-Cracker und Knatter-Fritze
Vier junge Menschen zwischen 18 und 20 Jahren kommen in den Laden. Schnurstracks gehen sie Richtung Feuerwerk-Abteilung.
Dort suchen sie Pyrotechnisches mit außergewöhnlichen Namen aus: Lady-Cracker, Knatter-Fritze, Silber-Wirbel, Vulkane, Bienen oder Fontäne. Auch ein paar Raketen.
"Albatros fliegt in der Luft, die römischen Lichter muss man in den Boden stecken", sagt der Verkäufer.
Manche Feuerwerkskörper sind ab 12 Jahren, andere ab 16 Jahren erlaubt. Im Wiener Ortsgebiet dürfen nur Feuerwerkskörper der Kategorie F1 gezündet werden. Dazu zählen Knallfrösche und Leuchtkerzen.
Unumstritten ist das "Schießen" zu Silvester freilich nicht: Tierschützer und Umweltschützer fordern schon lange ein Ende davon.
"Es ist auch für uns anders wieder, dieses Silvester", sagt einer der jüngeren Einkäufer. Aber man wolle sich nicht unterkriegen lassen.
Die Jugendlichen greifen noch zu Sets zum Zinngießen oder Wachsgießen - um das Glück für das nächste Jahre hervorzusagen. "Die Hoffnung auf ein besseres Jahr stirbt nie", sagt die Verkäuferin.