"Schluss mit den braven Tanten": Streik der Privatkindergärten in Wien
Von Agnes Preusser
Hätte man sich im Vorfeld ausgemalt, wie eine Demonstration von Kindergartenpädagoginnen aussehen könnte, hätte man wahrscheinlich genau das vor Augen gehabt, was heute um 10 Uhr beim Votivpark zu sehen war: Liebevoll gestaltete Plakate, mit Kindergarten-Logos bemalte Masken, Jubelschreie begleitet von typischen Kindergarteninstrumenten wie Schellen oder Rasseln. Und das war in der Masse ziemlich beeindruckend.
Der Streik der Gewerkschaft und Betriebsrat der privaten Kindergartenträgerorganisationen in Wien war gut besucht. Bei den Veranstaltern schätzt man, dass rund 5.000 Pädagoginnen und Pädagogen teilgenommen haben, bei der Polizei liegt derzeit noch keine Schätzung vor.
Auf den bunten Transparenten standen Sprüche wie "Ich kann gar nicht so schlecht arbeiten wie ich bezahlt werde" oder "Ich bin keine Basteltante, ich bin Bildungsbeauftragte".
Nach fast jedem Satz der Sprecher auf der Gewerkschaftsbühne brandete Jubel auf. Von einem "historischen Moment" war die Rede, noch nie hätte "ein Streik in der Dimension mit einer Betriebsversammlung im öffentlichen Raum" stattgefunden, hieß es. "Heute schreibt ihr Geschichte".
Und vor allem: "Jetzt ist Schluss mit den braven Tanten".
Schlechte Bezahlung, Personalmangel und die Größe der Gruppen waren die Hauptthemen der Kundgebung. Einen ersten Erfolg konnten die Pädagogen schon gestern feiern: Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) hat am Montag via gemeinsamer Aussendung mit der SPÖ angekündigt, dass ab 2022 die Assistentinnen 40 statt wie bisher nur 20 Stunden pro Woche in den Kindergartengruppen sind.
Nur der Anfang
Das sei für die Streikenden aber erst ein Anfang, wurde bei der Protestkundgebung deutlich. Türkis, Blau und Grün haben heute reagiert und stellen sich auf die Seite der Pädagogen.
"Die Stadt Wien ist damit aufgefordert, die Arbeitsbedingungen und die Qualität in Wiens Kindergärten kontinuierlich zu verbessern", bekundeten von der ÖVP Stadträtin Bernadette Arnoldner und Bildungssprecher Harald Zierfuß.
Nur mit besseren Rahmenbedingungen könne sich die Elementarpädagogik weiterentwickeln, befand auch Julia Malle, Bildungssprecherin der Wiener Grünen.
Für Maximilian Krauss, Klubobmann der Wiener FPÖ, ist "die Stundenaufstockung von Assistenzkräften nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Es braucht weit mehr Kindergartenpädagogen in Wien und für diese auch eine deutlich bessere Entlohnung".
Weitere Demo angekündigt
Es wird nicht die einzige Demonstration bei der Kindergarten-Thematik bleiben. Bereits für Donnerstag ist eine weitere angekündigt – dieses Mal von den Mitarbeitern der öffentlichen Kindergärten. Ihre Forderungen richten sich an den Bund: Sie verlangen ein österreichweit einheitliches Gesetz, derzeit sind Kindergärten Ländersache.