Roter Wiener Bezirkskaiser empört die Parteijugend
Von Josef Gebhard
Auch am Sonntag wurde der tags zuvor abgehaltene Parteitag der Wiener SPÖ in den sozialen Medien heiß diskutiert. Wobei es weniger um die 94,4 Prozent geht, mit denen Parteichef Michael Ludwig im Amt bestätigt wurde. Und schon gar nicht um die beschlossene Statutenreform. Sondern um die Wortspende des roten Donaustädter Bezirksvorstehers Ernst Nevrivy.
In einer von der Parteijugend losgetretenen Debatte um die Wiener Nordostumfahrung samt Lobautunnel und Stadtstraße hatte er Gegner des Projekts wie berichtet als „Häuseln“ bezeichnet. Die (wenigen) SPÖ-internen Tunnel-Kritiker sind empört: „Ich erwarte eine Entschuldigung, denn du hast auch Genoss:innen damit beleidigt“, richtet der Alsergrunder JG-Funktionär Nino Portschy seinem Parteifreund via Twitter aus.
Dieser denkt jedoch (vorerst) nicht daran. Am Sonntag bliebt der sonst so wortgewaltige Bezirkschef auf Tauchstation und für Medien unerreichbar. Und auch in der Landespartei will man Nevrivys Ausführungen nicht kommentieren.
Einflussreicher Genosse
Dabei gehört der 54-Jährige zu den einflussreichsten Funktionären der Wiener SPÖ: Seit 2014 ist er Bezirksvorsteher der Donaustadt. Sie ist mit 102,3 km² der flächenmäßig größte Bezirk, dessen Bevölkerung in den vergangenen Jahren dank zahlreicher Wohnbau-Projekte sprunghaft auf knapp 200.000 angewachsen ist. Mehr noch: Gemeinsam mit den Bezirksparteien der anderen Flächenbezirke gehört die SPÖ Donaustadt zu den wichtigsten Unterstützern von Parteichef Michael Ludwig. Ihnen hat er es zu verdanken, dass er sich 2018 im Duell um die Nachfolge von Michael Häupl gegen Andreas Schieder durchsetzen konnte.
Unter Ludwig schwang sich der hemdsärmelige Nevrivy zum lautstarken Kritiker des damals noch grünen Koalitionspartners und dessen vor allem an Radfahrern und Innenstadt-Bewohnern orientierter Verkehrspolitik auf. So bekamen die zuständigen Stadträtinnen Maria Vassilakou und Birgit Hebein regelmäßig ihr Fett ab. Umso prächtiger versteht er sich mit deren roter Nachfolgerin Ulli Sima – wie Nevrivy eine Kämpferin für die Nordostumfahrung, die die Donaustadt entlasten soll. Auffällig häufig ist sie zu Medienterminen im 22. Bezirk zu Gast. Eng verbündet ist er auch mit Klubchef Josef Taucher, ebenfalls ein Donaustädter.
Zuletzt sorgte Ernst Nevrivy aber auf anderem Gebiet für Schlagzeilen. Im Zusammenhang mit einem Grundstücksdeal, an dem die pleitegegangene Wienwert beteiligt war, wird gegen den SPÖ-Politiker wegen der möglichen Weitergabe von Amtsgeheimnissen ermittelt. Nevrivy bestreitet alle Vorwürfe.