Chronik/Wien

Meinl am Graben baut um und schließt Restaurant

Der Edelgreißler Meinl am Graben schließt am 3. Juni. Zwar nicht für immer, sondern nur für rund vier Monate – wenn im Oktober wieder aufgesperrt wird, soll aber alles anders sein. 

Die Weinbar wird es nicht mehr geben, auch nicht das Restaurant. Das Café bleibt ebenso wie die Verkaufsfläche – allerdings deutlich verkleinert. Das gaben die Meinl-Geschäftsführer Herbert Vlasaty und Udo Kaubek jetzt bekannt. 
Die Gerüchteküche um die Zukunft des Standorts brodelte schon lange. Sogar von einem gänzlichen Aus des Traditionsbetriebs war die Rede.

Mit der Reduktion der Verkaufsfläche von 1.700 Quadratmetern auf 1.200 Quadratmetern und dem Wegfall des Restaurants bestätigt sich aber nun, was der KURIER bereits vor einem Jahr in Erfahrung gebracht hat. 

„Teile der Gastro haben an Bedeutung verloren“, sagte Vlasaty. Durch die Corona-Krise habe sich diese Entwicklung noch beschleunigt. Die Krise sei aber nicht ausschlaggebend für den Umbau. Das Projekt Neugestaltung laufe schon seit 2015. „Die Komplexität und die erforderliche kurze Bauzeit haben die lange Planungsarbeit notwendig gemacht“, erklärte der betraute Architekt Bernhard Hamann. 

Komplex sei es, weil man keine „zeitgeistige Neuinszenierung“ wolle. Trotz Veränderungen wolle man unbedingt den Traditionscharakter des Betriebs beibehalten. Das Herzstück soll – trotz der drastischen Flächenreduktion – die Verkaufsfläche bleiben. 

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Auf dem Präsentierteller

Die Fisch- und Fleischtheken werden größer, Obst und Gemüse steht künftig weniger Fläche zur Verfügung. Trotzdem soll das Angebot nicht kleiner werden. Wie das gehen soll? „Wir nutzen Präsentationstechniken, die es so in Österreich noch nicht gibt“, sagte Kaubek.

Gesetzt wird auch zukünftig auf Service und Beratung. „Wir haben nun mal festgestellt, dass einige unserer Kunden Schwächen haben beim Kochen“, sagte Kaubek. Sie seien freilich keine kulinarischen  Analphabeten – aber „trotzdem wird viel nicht gewusst“. Vorbereitete Gerichte wie die Roulade, die man nur noch ins Rohr schieben muss, sollen also auch ab Oktober noch im Sortiment vorhanden sein. 

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Für den Umbau werden insgesamt sieben Millionen Euro in die Hand genommen. Durch den Wegfall der Gastrobereiche wird die Mitarbeiterzahl von  200 auf rund 170 sinken.

Man wolle ab Oktober jedenfalls auch auf neue Produkte setzen. Verraten, um was es sich dabei handelt, wird aber nicht. „Sonst kopiert der Mitbewerb das gleich“, sagte Kaubek. Nur so viel: Man wolle Trends setzen  und auch  vorwegnehmen. Traditionsbetrieb und Trendsetter schließen einander dabei nicht aus. „Jetzt redet jeder von Start-ups und Pop-up-Lokalen“, erklärte Kaubek. „Wir sind aber schon seit jeher ein Marktplatz für Start-ups. Wir waren zum Beispiel der erste Verkaufsplatz für die heute  berühmte Zotter-Schokolade. Das war der Start für ihren Erfolg.“

Und apropos Pop-up-Lokal: Ein solches soll den Kunden für die Zeit des Umbaus in der Nähe der Albertina zur Verfügung stehen. Auch auf die Hauszustellung wird man im Sommer nicht verzichten müssen. 

Anfänge
1862 eröffnet Julius Meinl I. in der Innenstadt ein Gewürzgeschäft. Verkauft werden grüne Kaffeebohnen, Kakao, Tee, Gewürze, Reis und Zucker  

Erfolge
1913 avanciert  er zum  größten Kaffeeröster der Österreichisch-Ungarischen Monarchie 

1950 wird der heutige Standort an der Nobeladresse Am Graben 19 eröffnet

Rassismusdebatte ums Logo
Der junge Mann mit Fez sei eine Hommage daran, wie der Kaffee nach Wien kam, so der Betrieb