Chronik/Wien

In Wien geboren, trotzdem keine Deutschkenntnisse

Wenn es um die mangelhafte Integration von Kindern mit Migrationshintergrund geht, muss oft der Bezirk Margareten als Negativ-Beispiel herhalten: 88 Prozent der dortigen Volksschüler haben nicht Deutsch als Umgangssprache. Wien-weit ist die Zahl mit 60 Prozent immer noch beträchtlich.

Diese Statistik sagt aber nichts über die tatsächlichen Deutschkenntnisse der Schüler aus. Die hat nun die ÖVP erhoben. Laut Statistik Austria waren im Schuljahr 2020/21 10.484 Volksschulkinder als außerordentliche Schüler geführt, weil sie nicht ausreichend Deutsch können. Das entspricht einem Anteil von 14,1 Prozent.

Eine Anfrage an Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) ergab nun, dass mehr als 60 Prozent davon bereits in Österreich geboren sind. Rund 80 Prozent der außerordentlichen Schüler waren mehr als zwei Jahre im Kindergarten, haben aber trotzdem ungenügende Deutschkenntnisse. Und 31 Prozent haben die österreichische Staatsbürgerschaft.

Für ÖVP-Chef Karl Mahrer ein Alarmzeichen: „Die Stadt Wien muss erkennen und bekennen, dass bei Bildung und Integration sehr viel schief gelaufen ist. Und das seit Jahrzehnten.“

Alle Inhalte anzeigen

Er nimmt aber auch die Eltern in die Pflicht: Immer wieder gebe es Erziehungsberechtigte ohne das geringste Problembewusstsein, die völlig abgeschottet in Parallelgesellschaften leben würden. „Deshalb muss man auch über Sanktionen für sie nachdenken“, sagt Mahrer.

An die Stadt richten sich die Türkisen gleich mit einem Paket an Forderungen: Kleinere Gruppen in den Kindergärten, raschere Bereitstellung von Sprachförderkräften, Deutsch-Sprachniveau C1 als Mindestanforderung bei Kindergartenpersonal sowie die Verwendung der Sprachstandsfeststellung als Frühwarnsystem – individuell für die betroffenen Kinder und Eltern, aber auch generell als Basis für Maßnahmen im Wiener Bildungssystem.

Nur deutsche Folder

Aufhorchen lässt die ÖVP mit einer weiteren Forderung: Info-Broschüren der Stadt sollen (mit wenigen Ausnahmen) nur mehr auf Deutsch gedruckt werden. Die Botschaft dahinter: Ohne Deutsch gibt es kein Fortkommen in Wien.

Im Wiederkehr-Büro lehnt man das ab, schließlich sollte Mehrsprachigkeit gefördert werden. Weiters verweist man auf die bereits laufenden Maßnahmen im Bildungsbereich, allen voran die Aufstockung der Sprachförderkräfte im Kindergarten von 300 auf 500 bis 2025. „Wien allein kann aber nicht alle Herausforderungen stemmen. Hier ist der Bund gefragt, die Ressourcen entsprechend aufzustocken.“

Josef Gebhard