Chronik/Wien

Anrainer demonstrieren am Hannovermarkt gegen Verkehrschaos

Autofahrer, die auf der Suche nach einem Parkplatz den Markt umkreisen. Hupkonzerte. Zugeparkte Radstreifen. Die Verkehrssituation rund um den Hannovermarkt in der Brigittenau hat sich - besonders an Samstagen - alles andere als beruhigt. Und so geht es auch der Diskussion rund um eine Fußgängerzone in dem Grätzel.

Bereits seit 2013 fordern Anrainer, dass die Straßen rund um den Markt verkehrsberuhigt werden. Im Herbst des Vorjahres wandte sich die Bürgerinitiative "20er*innen" mit dem Wunsch nach einer Fußgängerzone an der Kreuzung von Hannovergasse und Othmargasse an den Bezirk.

Bei Bezirksvorsteher Hannes Derfler (SPÖ) holten sich sie jedoch eine Abfuhr. Die Autos zu verbannen, würde den Markt "umbringen", erklärte er dem KURIER. Nun hat sich Derfler Alternativen zu einer Fußgängerzone überlegt: Ihm schweben neue Anrainerparkplätze und Wohnstraßen vor.

Protestaktion am Samstag

Zuletzt waren die Fronten verhärtet, Bürgerinitiative und Bezirksvorsteher werfen sich gegenseitig Untätigkeit bzw. die Verbreitung von Unwahrheiten vor. Die Bürger jedenfalls wollen ihren Forderungen heute, Samstag, mit einer Protestaktion Nachdruck verleihen.

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Unterstützung bekommen sie von der Initiative "Platz für Wien", die sich für eine für eine "klimagerechte" Stadt mit weniger Verkehr einsetzt. Ab 14 Uhr soll es beim Parkplatz Hannovergasse los gehen. Die Bürger hoffen auf eine Reaktion von Seiten des Bezirks.

Zu viel Verkehr

"Der dicht besiedelte, zentralstädtische Raum wird dem Verkehr ausgeliefert", beschreibt Otto Mittmannsgruber von der Brigittenauer Initiative die Situation. Es gebe in dem Grätzel schlicht zu wenig Platz und zu viele Autos. Und der Bezirk unternehme nichts dagegen.

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Dass eine Fußgängerzone schlecht für den Markt sein könnte, glauben die Bürger nicht. Auch am Brunnenmarkt in Ottakring könne man nicht mit dem Auto zufahren, sagen sie.

Wohnstraßen statt Fußgängerzone

Bei der Bezirksvorstehung versucht man im Vorfeld zu beruhigen. Man sei bemüht, eine passende Lösung für alle Seiten zu finden, sagt ein Sprecher von Bezirksvorsteher Derfler dem KURIER. "Wichtig ist es, dass einzelne Gruppen nicht bevorzugt und gegeneinander ausgespielt werden. Wir reden hier von einem Kompromiss."

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Und der soll folgendermaßen aussehen: Die Bürger sollen befragt werden, ob es in dem Grätzel mehr Wohnstraßen und Anrainerparkplätze in bestimmten Bereichen rund um den Markt braucht.

Das würde den Verkehr verlangsamen und damit beruhigen. Denn Autolenker dürfen Wohnstraßen nicht durchfahren, sondern nur zu- und abfahren - und das auch nur in Schrittgeschwindigkeit. Für Pkw-Fahrer, die im Bezirk wohnen,  dürfte die Parkplatzsuche durch die eigens für sie reservierten Plätze kürzer ausfallen.

Die Anrainerbefragung soll in den nächsten zwei bis drei Wochen stattfinden.

Zebrastreifen wird ausgerollt

Die Verkehrssituation ist es auch, die Bürger in der Leopoldstadt am Wochenende zu einer Protestaktion treibt. Konkret geht es um fehlende Querungsmöglichkeiten auf der Taborstraße. Die Aktivisten wollen am Sonntag ab 11 Uhr Zebrastreifen aus Kunststoff ausrollen, um ihrer Forderung nach einem solchen Gehör zu verschaffen.

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Zwar gebe es fünf ampelgeregelte Kreuzungen, doch die Abstände zwischen den Fußgängerübergängen seien zu weit auseinander, erklärt Stefan Ohrhallinger, Sprecher Radlobby-Bezirksgruppe in der Leopoldstadt. Besonders die Kreuzungen Rotensterngasse/Haidgasse sowie die Querung Große Stadtgutgasse seien neuralgische Punkte.

"Wir beobachten immer wieder Leute, die hier die Straße überqueren. Dabei kommt es immer wieder zu brenzligen Situationen", sagt Ohrhallinger. Warum die Anwohner das Risiko in Kauf nehmen? Nutze man die nächste Ampel, müsse man acht Minuten Umweg in Kauf nehmen.

Auch Radübergänge über die Taborstraße würden fehlen. Gespräche mit Bezirksvorsteherin Ursula Lichtenegger (Grüne) seien konstruktiv gewesen, es habe aber nur vage Zusagen gegeben, sagt Ohrhallinger.

Problemfall Straßenbahn

Beim Bezirk weiß man um die Anliegen der Bürger Bescheid. "Das Problem ist die 2er-Linie", sagt ein Sprecher von Lichtenegger. Die Wiener Linien würden sich gegen Zebrstreifen über die Gleise wehren. "Da spießt es sich."

In der Tat  winken Wiener Linien ab. "Die Straßenverkehrsordnung sieht vor, dass Schienenfahrzeuge vor Zebrastreifen nicht stehen bleiben müssen", sagt eine Sprecherin. Damit sind Fußgängerquerungen auf freier Strecke nicht möglich.

Ausnahmen gebe es nur für Haltestellenbereiche. Die einzige Lösung: ampelgeregelte Kreuzungen. Dafür sei aber die MA 33 zuständig.

von Adrian Zerlauth