Chronik/Wien

Abrisse: Wien soll Salzburg werden

Wenn man auf die Altstadt von Salzburg blickt, dann sieht man schöne alte Häuser, die sich aneinanderreihen. Selbstverständlich ist das nicht: Die alte Bausubstanz wird durch das Salzburger Altstadterhaltungsgesetz 1967 und dessen Novellierung aus dem Jahr 1980 geschützt.

Genauso eine Konsequenz, um alte Häuser und das Stadtbild zu schützen, fordern die Grünen von der Wiener Stadtregierung. „In Salzburg hat die Baupolizei mehr Mittel in der Hand, um gegen Spekulationen mit Immobilien vorzugehen. Das können wir uns zum Vorbild nehmen“, sagt Parteichefin Judith Pühringer.

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Anlass ist der Abriss des Biedermeierhauses in der Kaiserstraße 31 (7. Bezirk). Ein Gutachten hat wie berichtet trotz Schutzzone und Denkmalschutz dem Haus „wirtschaftliche Abbruchreife“ attestiert.

Die Grünen fordern bei der für 2023 geplanten Novelle der Wiener Bauordnung das Ende dieser Kategorie. Denn die wirtschaftliche Abbruchreife werde per privat beauftragte Gutachten festgestellt und könne leicht von den Auftraggebern beeinflusst werden. Selbst wenn Häuser, wie in der Kaiserstraße, in Schutzzonen oder unter Denkmalschutz stehen.

Höhere Strafen

Außerdem fordern die Grünen höhere Strafen für illegale Abrisse (75.000 bis 750.000 anstatt 30.000 bis 300.000 Euro), das Einsetzen von Zwangsmaßnahmen der Stadt, wenn Eigentümer ihre Häuser nicht sanieren und den Ausbau der Schutzzonen. In Wien seien nur die Fassaden geschützt und das nur, wenn sie von der Straßenfront sichtbar seien. In der Stadt Salzburg gibt es hingegen auch den Schutz des Gebäudeinneren.

Auch eine Leerstandsabgabe würde aus der Sicht der Grünen einen Beitrag gegen den Abriss von Altbauten leisten.

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Aus dem Büro der Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) heißt es dazu, dass man parteiübergreifend das Erbe Wiens erhalten wolle. Man unterstütze die Einführung der Leerstandsabgabe, die Abschaffung der Abbruchreife sei jedoch für sie verfassungswidrig. Man müsse vielmehr auf Bundesebene das Mietrechtsgesetz ändern: Neubaumieten müssen sich nicht an Mietzinsbeschränkungen halten und seien deswegen interessanter für Immobilienentwickler, betont Gaal.

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Bedrohte Häuser

Bedroht sind laut „Initiative Denkmalschutz“ auch viele andere Wiener Häuser. Etwa im 17. Bezirk in einem Gründerzeithaus in der Beheimgasse 49. Hier sind bereits Plakate einer Abbruchfirma angebracht. Das Haus wurde 1868 erbaut. „Hier ist entscheidend, ob die MA 19 das Haus als erhaltenswürdig einstuft oder nicht“, heißt es bei den Denkmalschützern.

400 Wohnungen 
2,2 Prozent der 2007 noch bestehenden gründerzeitlichen Zinshäuser in Wien wurden bis 2019 Opfer der Abrissbirne. Das sind  400 Wohngebäude

Novelle der Bauordnung
Im Jahr 2018 wurden Abrisse von Häusern, die vor 1945 errichtet wurden, erschwert. Außerhalb der Schutzzonen brauchen Abrisse einen Bescheid der MA 19 (Stadtgestaltung, Architektur). Für 2023 hat die Stadtregierung eine weitere Novelle der Bauordnung angekündigt. Am 9. und 10. November findet dazu ein Fachenquete statt.

Schutzzonen
gibt es in Wien seit 1972. Sie umfassen 15.000 Häuser

Auch die Fassade eines Gründerzeithauses in der Kranzgasse im 15. Bezirk wurde demoliert und das Hofgebäude teilweise abgetragen. Für Markus Landerer von der Initiative gibt es einen wichtigen Punkt: Paragraf 129 der Bauordnung besagt, dass die Eigentümer für die Sanierung und die Instandhaltung sorgen müssen. Wie könne es also sein, dass die Häuser oft verkommen oder sogar absichtliche demoliert werden, damit sie abgerissen werden?

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Für die Kontrolle ist die Baupolizei zuständig. Das sind in Wien 50 Personen, die Hälfte sei mit der Kontrolle der Baustellen befasst. „Bei 30.000 Gründerzeithäusern liegt es auf der Hand, dass nicht alle dieser Gebäude regelmäßig überprüft werden können“, entgegnet die Baupolizei.

Übrigens verfügt die Stadt auch über einen Altstadterhaltungsfonds, bei dem Eigentümer Förderungen für Sanierungen anfragen könnten. Dieser Fonds hat die Aufgabe, die Stadtlandschaft zu erhalten, den Vorsitz des Beirats hat Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler inne. Das Budget (2,5 Millionen Euro) wird aber vor allem für die Pflege von Sakralbauten, wie etwa der Votivkirche, genützt.