100 Aktivisten blockieren Baustelle der Stadtstraße in Hirschstetten
Von Bernhard Ichner
Dutzende Aktivisten blockierten am Montag die Baustelle für die Stadtstraße in Hirschstetten. Mit Transparenten setzte sich das Bündnis aus Jugendrat, System Change, not Climate Change!, Fridays for Future, Extinction Rebellion und anderen Projektgegnern ab 6 Uhr Früh vor die Bagger, um gegen die Zubringerstraße des „klimazerstörenden Großprojekts Lobau-Autobahn“ zu demonstrieren. Am Montagabend war die Aktion noch im Gange.
Die Polizei zählte bei der unangekündigten Kundgebung 30 bis 40 Personen, die Veranstalter sprachen dagegen von rund 100. Zum Teil nahmen auch 12- und 13-Jährige an der Blockade teil.
Unter die Demonstranten mischten sich auch grüne Stadtpolitiker. Laut eigenen Angaben waren Mobilitätssprecherin Heidi Sequenz und Kilian Stark bei der Aktion anwesend, um diese zu beobachten.
Blockade über Nacht
Die Exekutive war zwar mit Spezialkräften vor Ort, am späten Vormittag zogen die Beamten aber wieder ab. Da der Verkehr nicht behindert werde und die Bauarbeiter im Inneren der Baustelle ungehindert weiterarbeiten konnten, sei eine Räumung nicht notwendig gewesen, erklärt Polizeisprecher Christopher Verhnjak. Eine weiterer Polizeieinsatz war nicht geplant.
Danach entschieden sich die Demo-Veranstalter allerdings, die Blockade über Nacht aufrechtzuerhalten. Nach sieben Stunden Sitzblockade haben die Aktivisten auf der Baustelle ihre Zelte aufgeschlagen. Man wolle „so lange wie möglich bleiben“, stellt Lena Schilling vom Jugendrat in Aussicht.
Man behalte die weiteren Entwicklungen zwar im Auge – solange die Aktivisten aber weder Verkehr noch Bauarbeiten behindern, wäre eine Räumung nicht verhältnismäßig, hieß es bei der Polizei am späten Montagnachmittag auf KURIER-Anfrage. Den Veranstaltern droht allerdings eine Verwaltungsstrafe, weil die Veranstaltung nicht 48 Stunden vorher angemeldet wurde.
"Für Gerechtigkeit hinsetzen"
"Während die Klimakrise bereits mit Waldbränden und Überschwemmungen zuschlägt und Menschen zur Flucht zwingt, bauen Michael Ludwig und seine Rückschrittskoalition neue Autobahnen", kritisiert Lena Schilling.
"Wir werden Widerstand gegen jedes Straßenbauprojekt leisten, das unsere Zukunft blockiert. Manchmal müssen wir für Gerechtigkeit aufstehen, manchmal müssen wir uns dafür hinsetzen."
Zum Teil sind es 12- und 13-Jährige, die sich auf den Boden gesetzt haben, um die Zufahrt zur Baustelle zu blockieren. "Die Klimakrise fügt heute schon Menschen massives Leid zu. Deshalb sehen wir uns dazu gezwungen, neben dem Schulstreik auch weitere Formen des demokratischen Protestes einzusetzen", so Mirjam Hohl von Fridays For Future.
Es sei "absolut untragbar, dass die SPÖ Wien mitten in der Klimakrise noch Autobahnen baut, die die Emissionen weiter in die Höhe treiben".
"Verkehrspolitik von vorgestern"
Die Stadt Wien betreibe eine "Verkehrspolitik von vorgestern", meint Steinwender. "Statt noch mehr Stau zu erzeugen, braucht es den Ausbau von kostenlosem öffentlichen Verkehr, Rad- und Fußwegen."
Das Versprechen der Verkehrsentlastung sei wissenschaftlich widerlegt, betonen die Aktivisten: "Studien beweisen, dass die Lobau-Autobahn im Gegenteil zu einem höheren Verkehrsaufkommen führen würde, insbesondere in Hirschstetten."
Bereits am Freitag eröffneten die Gegner von Stadtstraße und Lobautunnel in Hirschstetten ein Protestcamp - der KURIER berichtete.
Baubeginn Ende 2021
Zurzeit handelt es sich lediglich um Vorarbeiten für die Stadtstraße. Mit dem eigentlichen Bau soll Ende des Jahres begonnen werden, die Verkehrsfreigabe ist für Ende 2025 avisiert. Die Projektkosten belaufen sich auf rund 460 Millionen Euro.
Die 3,2 Kilometer lange Strecke soll die Südosttangente (A23, Anschlussstelle Hirschstetten) mit der S1-Spange Seestadt Aspern verbinden. Ohne Verkehrsfreigabe der Wiener Außenring-Schnellstraße S1 samt Lobautunnel würde sie allerdings im Nichts enden.