Todesursache Ertrinken: Der lautlose Tod lauert im Pool
Von Anja Kröll
Seen, Schwimmbäder, Pools, Planschbecken: Die heißen Temperaturen locken die Österreicher zur Abkühlung. Dass diese mitunter lebensgefährlich werden kann, wurde in den vergangenen Tagen besonders in Niederösterreich und Salzburg deutlich.
Beim Schwimmen im Stausee Ottenstein (Bezirk Zwettl) ertrank am Donnerstagabend ein 23-Jähriger. Warum der Mann unterging, ist unklar. Am Lieferinger Badesee konnte ein Bademeister hingegen innerhalb von nur zwei Tagen drei Menschen das Leben retten. In zwei Fällen soll es sich dabei um Nichtschwimmer gehandelt haben.
Nichtschwimmer
Immer weniger Menschen in Österreich können schwimmen. Geschätzt sind es acht Prozent aller Österreicher über fünf Jahre (etwa 700.000 Personen). Darüber hinaus schätzte jeder Fünfte das eigene Schwimmvermögen nur als (sehr) unsicher bis mittelmäßig ein
38 Menschen
ertranken laut Statistik Austria 2019 in Österreich, fünf davon in Oberösterreich
40 Ertrunkene jährlich
Wie berichtet, können immer weniger Menschen in Österreich schwimmen. Die Corona-Zwangspause hat die Situation zusätzlich verschärft und Schwimmkurse, bei Wasserrettung oder privaten Schwimmschulen, sind so gut wie ausgebucht.
Vor dem Ertrinkungstod gerade bei Kindern warnt auch der Samariterbund. „Jährlich ertrinken 40 bis 50 Menschen in Österreich. Besonders betroffen sind Kinder. Sie können bis zu einem Alter von drei Jahren sogar bei geringer Wassertiefe lautlos ertrinken. Um Badeunfälle zu verhindern, müssen ein paar Sicherheitsregeln beachtet werden“, sagt Erik Teumann, Vorsitzender der Samariterbund-Wasserrettung. Diese lauten: Kinder so früh wie möglich an das Wasser zu gewöhnen, ab circa vier Jahren einen Schwimmkurs besuchen und die Kleinen im Wasser immer beaufsichtigen. Teumann richtet auch einen Appell an alle Badegäste: „Der Ertrinkungstod ist nicht spektakulär, er geht leise vonstatten.“
Todstellreflex
In diese Kerbe schlägt auch die Kärntner Wasserrettung: „Wir haben diese Bilder im Kopf, von Menschen, die wild um sich schlagen, bevor sie ertrinken. Das ist gerade bei Kindern in der Praxis nicht so“, erklärt Daniel Fleischhacker, Sprecher der Kärntner Wasserrettung. Für Kleinkinder können bereits geringste Wassertiefen von 10 bis 20 Zentimeter zur tödlichen Gefahr werden. „Wenn sie umfallen oder nach vorne kippen, können sie ihren Kopf nicht selbstständig heben und ein sogenannter Todstellreflex lässt die Kinder erstarren. Ohne Gegenwehr, ohne um sich zu schlagen, und völlig lautlos bleibt das Kind mit dem Kopf im Wasser liegen“, erklärt Martin Eberl vom oberösterreichischen Landesverband der Wasserrettung.
Sein Tipp für Eltern: Auch Schwimmflügerl bieten keine absolute Sicherheit. Diese können leicht abgestreift werden. Darum immer in der Nähe bleiben, nicht nur in Hörweite. „Bei den meisten tödlichen Ertrinkungsunfällen sind die Aufsichtspersonen weniger als zehn Meter entfernt“, sagt Eberl.
Laut Kuratorium für Verkehrssicherheit starben im Zeitraum von 2009 bis 2018 in Österreich 31 Kinder unter 15 Jahren in Folge eines Ertrinkungsunfalls. Mehr als die Hälfte der Opfer (18) war unter fünf Jahre alt. Ertrinken ist bei Kleinkindern somit die zweithäufigste tödliche Unfallursache. Dabei lauert die Gefahr für die Kleinen manchmal direkt vor der eigenen Haustür.
Mehr private Pools
Laut Schätzungen gibt es in Österreich 130.000 private Schwimmbäder und 100.000 Aufstellpools und Planschbecken. Und durch die Corona-Zeit sind diese Zahlen wohl noch gestiegen. Denn die Nachfrage nach privaten Pools war enorm.
Somit überrascht es nicht, dass die meisten Unglücke im privaten Bereich geschehen und nicht in öffentlichen Bädern. Zu Hause ertrinken mehr als doppelt so viele Kinder wie in öffentlichen Freibädern oder an Badeseen. Experten raten darum: Pools, Biotope oder Schwimmteiche sollten durch einen Zaun und eine selbstschließende und versperrbare Tür gesichert werden. Darüber hinaus sollte der Bereich rund um das Becken rutschsicher ausgestattet sein.
Alarmsysteme für Pool oder Gartenteich, die eine größere Bewegung im Wasser melden, bieten zusätzliche Sicherheit, ersetzen aber nie die Aufsichtsperson. Die Experten des Kuratoriums für Verkehrssicherheit raten dazu, Kinder in gut sichtbaren Farben – wie einem roten T-Shirt – zu kleiden. Im Ernstfall können sie so unter Wasser schneller gefunden werden.