Spionageverdacht: Innenminister Karner bestätigt Ermittlungen
Am Mittwoch hatten sich Staatsanwaltschaft und Polizei in Tirol auf KURIER-Anfrage noch zugeknöpft gegeben. Wie berichtet, hat die Exekutive in Tirol zwei Häuser gestürmt und drei Personen verhaftet, die 800 Mitglieder der sogenannten Gülen-Bewegung an den türkischen Geheimdienst Milli Istihbarat Teskilati (MIT) verraten haben sollen.
Am Donnerstag bestätigte VP-Innenminister Gerhard Karner, dass gegen drei in Österreich lebende türkischstämmige österreichische Staatsangehörige Anzeigen wegen Spionageverdachts erstattet wurden.
Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) und das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) Tirol habe nach intensiven Ermittlungen am 20. Juni mit Unterstützung des Einsatzkommandos Cobra Festnahmeanordnungen der Staatsanwaltschaft Innsbruck vollzogen.
Wie berichtet, wurden drei Personen festgenommen. Laut Innenministerium wurden zwei Personen in die Justizanstalt Innsbruck überstellt.
Bei Hausdurchsuchungen an den Wohnadressen der Beschuldigten sollen zahlreiche Datenträger, Mobiltelefone sowie Schreckschusspistolen sichergestellt worden sein. Nach der Einvernahme und Haftprüfung wurden die Beschuldigten auf freiem Fuß angezeigt.
800 Namen verraten
Anträge auf Verhängung der Untersuchungshaft wurden abgewiesen, dagegen wurde aber inzwischen Beschwerde eingelegt, sagte eine Sprecherin der Innsbrucker Staatsanwaltschaft. Eine Entscheidung darüber stand vorerst noch aus.
Laut der türkischen Zeitung Virgül soll das Trio 800 Anhänger des Predigers Fethullah Gülen, die in Österreich vor allem in Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg zu finden sind, verraten haben.
Die Zahl wollte die Staatsanwaltschaft nicht bestätigen. Auch habe es sich bei den mutmaßlichen Opfern nicht ausschließlich um Mitglieder der Gülen-Bewegung gehandelt.
Für Ankara sind die Gülen-Anhänger Terroristen. Die Türkei macht den in den USA im Exil lebenden Sektengründer für den Putschversuch 2016 verantwortlich.
Für die in Österreich lebenden Verratenen kann das Weitergeben ihrer Namen folgenschwer sein. Bei einer Einreise in die Türkei droht ihnen nun Festnahme.
„Die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst und das Landesamt für Verfassungsschutz Tirol haben durch akribische, konsequente und punktgenaue Ermittlungen einen wichtigen Beitrag zum Schutz unserer demokratischen Grundwerte geleistet“, sagte Innenminister Karner zu dem Ermittlungserfolg.
Bekannte Vorgangsweise
Der Modus Operandi im konkreten Fall entspricht laut Ministerium "einer bekannten Vorgangsweise fremder Mächte bei der Kontrolle bzw. Ausspähung von im Ausland lebenden Oppositionellen und Regierungsgegnern".
Der Verfassungsschutz führe seit mehreren Jahren Ermittlungen gegen Einzelpersonen, aber auch vereinsähnliche Strukturen in Österreich. Bekannt wurden Vorfälle im Rahmen von Veranstaltungen in Wien Favoriten, wo es im Juni 2020 im Rahmen einer kurdischen Demonstration zu Angriffen und Ausspähungen von türkischen Aktivisten gekommen war.
In Oberösterreich kam es im August 2021 zur Verurteilung einer Tatverdächtigen auf Grund derartiger Tathandlungen.