Chorherr-Prozess: Tojner, Benko und der Klassenkampf
Der Prozess rund um den mutmaßlichen Korruptionsfall Christoph Chorherr brachte nicht nur eine prominente Anklagebank, sondern auch das Who-is-Who der Topanwälte. Rüdiger Schender aus der Kanzlei von Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer (vertritt Rene Benkos Signa), Staranwalt Norbert Wess (für Erwin Soravia) oder Richard Soyer (Chorherr) waren im Wiener Landesgericht. Entsprechend hoch ging es am ersten Tag her, von Klassenkampf war die Rede und sogar der Gründer von Red Bull wurde ins Spiel gebracht.
Die WKStA wirft Chorherr vor, dass er sich als Amtsträger hat schmieren lassen, das würden Chatprotokolle von Tojner belegen. Der Ex-Grüne hingegen bekennt sich "nicht schuldig".
Er soll, wie berichtet, Spenden für sein südafrikanisches Schulprojekt angenommen und dafür bei Bauprojekten wie dem Heumarkt behilflich gewesen sein. Laut Soyer habe Chorherr zwar (nicht näher definierte) Fehler begangen, das sei aber nicht strafrechtlich relevant, sein Motiv sei immer "das Gemeinwohl" gewesen.
Chorherr ging nicht davon aus, dass er für die Spenden Gegenleistungen erbringen würde, das habe er auch stets so kommuniziert. Alles andere sei widerlegt oder Spekulation der Staatsanwaltschaft. Der Ex-Politiker will stets auf Augenhöhe mit den Betroffenen gesprochen haben.
Diversion für Chorherr?
Soyer brachte eine mögliche Diversion ins Spiel. Chorherr habe sich jedenfalls nicht persönlich bereichert. Prinzipiell fordert der Anwalt aber weiterhin einen Freispruch für den Ex-Politiker. "Ich erzähle Ihnen keine Märchen, sondern klare Standpunkte", sagte Soyer vor dem Schöffengericht.
Auch Tojner setzt auf prominente Vertretung: Karl Liebenwein sieht keinen einzigen Sachbeweis der Justiz. Es gebe beim Heumarkt-Projekt keinen Hinweis auf eine Intervention Chorherrs. Der Gemeinderat habe alles beschlossen, nicht Chorherr. Tojner sei lediglich von dem Schulprojekt in Südafrika überzeugt gewesen.
Irgendwelche Zusammenhänge zwischen Spenden und Projekten gebe es keine. Tojner habe sogar extra nach den KURIER-Enthüllungen noch einmal gespendet, weil das Geld für das Projekt knapp wurde. Auch er erwartet sich einen Freispruch.
Top-Anwalt Michael Rami spricht für Investor Wilhelm Hemetsberger. Dieser sei kein Immobilienentwickler und habe etwa bei seiner Geburtstagsfeier Spenden für das Projekt in Südafrika gesammelt. Er habe die Schule auch in Südafrika besucht, weil das sein "Lebensprojekt" sei. Rami: "Es geht doch nicht, jemanden anzuklagen, ohne Beweise".
Immobilienentwickler Günter Kerbler beziehungsweise sein Verteidiger Johann Pauer sehen das ähnlich. Ihm wurde auch irrtümlich die Firma Conwert zugeschrieben, obwohl er diese 2008 verkauft habe.
Laut Anklage hat der Magistrat eine Bausperre für ein Projekt in der Seestadt in Wien-Donaustadt aufgehoben. Doch Chorherr habe dies gar nicht beeinflussen können, meint Pauer. Und Kerbler habe das Grundstück erst übernommen als der Flächenwidmungsplan bereits beschlossen war. Er sehe die Spenden als"soziale Verantwortung", wenn man viel Geld verdient. Mit Chorherr sei er "seit Jahrzehnten befreundet".
Anwälte vermissen Beweise
Norbert Wess - bekannt etwa für die Vertretung von Wiener Terroropfern - hat für den Prozessstart Beweise von der WKSta gegen seinen Mandanten Soravia erwartet. Das sei aber nicht erfolgt. Es habe ih nachdenklich gestimmt, wie alles in einen Topf geworfen und etwas strafrechtlich relevantes behauptet werde.
Von der WKSta würde den Angeklagten pauschal unterstellt, dass sie kein soziales Gewissen hätten, es würde gar ein Klassenkampf konstruiert. Soravia sei eigentlich wie Didi Mateschitz und rede ungern über seine sozialen Projekte. Es gehe hier nur um die Kriminalisierung von Projekten wie den Danube Flats.
Angeklagt ist auch Soravia-Finanzvorstand Peter Scheurer. Sein Anwalt betont, dieser habe lediglich anlässlich eines Soravia-Geburtstags aus seiner privaten Tasche gespendet. Er habe dort um 15.000 Euro ein Bild zugunsten des Projekts gekauft, Chorherr kenne er persönlich überhaupt nicht. Ähnlich verantwortet sich Klaus Edelhauser, ein Freund der Familie Soravia. Er habe zweieinhalb Jahre nach Beendigung seines Widmungsverfahrens auf der Geburtstagsfeier gespendet. Das könne keine Straftat sein.
Benko spendete 100.000 Euro
Benko hat Top-Verteidiger Stefan Prochaska engagiert, der erst am Nachmittag zu Wort kommt. In seinem Plädoyer meint er, dass er noch nie eine derartige Anklage gesehen habe. Er sehe "nicht einmal den Versuch eines Beweises". Benko habe 2011 eine Spende zugesagt, da sei beim Bahnhofs-Projekt " Quartier Belvedere" längst alles unter Dach und Fach gewesen.
Prochaska zeigte sich "erschüttert", dass Benko nie einvernommen worden ist. Er habe Chorherr weder gekannt, noch gesprochen. Wie bei allen Angeklagten wird auch hier auf Freispruch plädiert.
Vorerst sind zehn Verhandlungstage bis zum 20. Dezember anberaumt. Fortsetzung am kommenden Montag.