Chronik/Österreich

Wiedereröffnungen: Wenig los außer am Gletscher

Bereits seit Freitagvormittag dreht sich das Wiener Riesenrad und damit ein Sinnbild der Stadt wieder. Bürgermeister Michael Ludwig, der bei der Wiedereröffnung anwesend war, fasste zusammen: "In Wien dreht sich das Rad wieder, Hotels sperren auf und das Leben erwacht langsam."

Und tatsächlich öffneten rundherum im Wiener Prater die ersten Fahrgeschäfte. Zwar war gegen Freitagmittag noch nicht alles offen und auch der Menschenandrang hielt sich in Grenzen, aber die, die gekommen waren, störte das nicht weiter: "Wenn viel los wäre, wären wir gar nicht gefahren“, erklärten Sarah und Noah, die ersten Autodrom-Kunden des Tages.

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Wenig weiter holten Wolfgang und Karin sowie Hubert und Herma den Geburtstagsausflug zu Huberts 80er nach. Bei einer Fahrt mit der Geisterbahn zeigte die Familie, dass sie nicht nur in Bezug auf die Viren furchtlos ist. Die Fahrgeschäftbetreiber rechnen anfangs allerdings nicht mit viel Geschäft. "Ohne Touristen ist es schwer", meint etwa Adem Oruci vom Schokotraum.

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Dennoch ist Prater-Chef  Stephan Sittler-Koidl froh, dass sie endlich wieder aufsperren dürfen. Doch die Arbeit fange erst an: "Jetzt ist erst der Beginn. Es ist nun viel zu planen." Gestern liefen sämtliche Fahrgeschäfte sechs Stunden lang zu Testzwecken, damit heute alles bereit ist. Um 21 Uhr soll es ein Feuerwerk geben. Die Frage ist nur, ob das Wetter mitspielt. 

Vom Wetter unbeeindruckt

Auch die Wiener Bäder eröffneten am Freitag. Im Strandbad Alte Donau hat Johann Liška am späten Vormittag schon 22 Längen geschafft. Er ist um diese Zeit der einzige Schwimmer im Sportbecken des städtischen Freibads im 22. Bezirk. 51 weitere Badegäste dürfen ins Becken, verrät ein Aufsteller am Rand. Denn nicht nur auf der Liegewiese, sondern auch im Wasser gilt: ein bis zwei Meter Abstandhalten.

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Das Wasser hat 23 Grad – „angenehm warm“, wie der Pensionist findet. Er kommt fast jeden Tag zum Längenschwimmen, 160 Bahnen legt er üblicherweise zurück. Für heute hat er sich aber nur 80 vorgenommen. Nach der Corona-bedingten Pause will er sich nicht überfordern. "Die Muskeln werde ich morgen sicher spüren", sagt er. Dann setzt er die Schwimmbrille auf und taucht wieder ab.

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Rund 60 Besucher haben sich am Freitag trotz Wind und Wolken am Himmel in das Strandbad getraut: Einige räumen nach der Winterpause wieder ihre Badeutensilien wieder in die Kabinen. Andere sitzen auf Plastiksesseln auf der Restaurant-Terrasse bei einem frühen Mittagessen.

Darunter: Seniorin Maria und ihre erwachsene Tochter Gabi. "Wir sind mutig, trotz des Wetters", sagt Maria. Die beiden Frauen sind froh, wieder ins Bad zu dürfen – auch wenn die neuen Regeln noch etwas ungewohnt für sie sind. "Wir müssen uns erst orientieren."

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Damit das leichter fällt, gibt ein Lautsprecher einmal pro Stunde die neuen Vorschriften durch: Masken in geschlossenen Räumen, Abstand halten. Der Holzsteg zur Alten Donau ist zum Leidwesen von Maria und Gabi gesperrt. Der Grund: Die erforderliche Distanz kann dort nicht eingehalten werden. 

In die Alte Donau kommt man aber trotzdem, über den Kiesstrand oder den Plastiksteg. Das wagt aber ohnehin niemand. 18 Grad Wassertemperatur sind dann doch zu kühl.

Vor Kraft strotzen, um Corona zu trotzen

„Ich komme wieder“, sagte Arnold Schwarzenegger, die wohl größte Fitnessikone aller Zeiten, in seiner Kultrolle als Terminator. Und er kam wieder. Zahlreiche Fitnessbegeisterte in Wien ließen sich am Freitag mit ihrem Fitnessstudio-Comeback nach der Corona-Zwangspause hingegen Zeit.

Das McFit in der Jägerstraße in Wien-Brigittenau öffnete bereits um 00.01 Uhr seine Pforten. Aufgrund des Ansturms bei den Wiedereröffnungen in Deutschland einige Tage zuvor waren zahlreiche Mitarbeiter vor Ort, um die Eisen-Fans über Abstands- und Desinfektionsregeln zu informieren. Tatsächlich blieben die Gäste aber zunächst aus.

Einer der Trainer vor Ort erzählt, dass in der Nacht normalerweise 60 bis 80 Kunden zum Trainieren kommen. Aber viele würden wohl am Anfang noch verunsichert sein. Um etwaige Ängste zu nehmen, muss vor und nach dem Training eine Maske getragen werden. Zudem sind zahlreiche Geräte gesperrt, um einen Abstand von zwei Metern sicherzustellen. 

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Keine Angst hatten hingegen die Studentin Madleine und der Student Tim, die in der Früh kamen, um "endlich wieder richtig zu trainieren". Die beiden, die normalerweise regelmäßig ins Fitnessstudio gehen, blieben die letzten Wochen mit Körpergewichtsübungen und Ausdauertraining in Form. Weil das aber einfach nicht dasselbe wie im Studio sei, ist die Freude groß, dass sie nun wieder Gewichte stemmen können.

"Zu Beginn des Lockdowns habe ich zweimal pro Tag trainiert, um fit und gesund zu bleiben. Ich fürchte mich eigentlich nicht vor einer Ansteckung hier im Studio", meint die 27-Jährige. "Wichtig ist nur der Abstand", ergänzt ihr Trainingspartner. 

Von dem ist in dem vierstöckigen Fitnessstudio mehr als genug gegeben. Ob das schon bald allen Kunden ihre Sorge nimmt, wird sich zeigen.

Gletscherspaß

Sportlich geht es seit heute, Freitag, auch wieder in Österreichs Bergen zu. Dort haben die Seilbahnen ihren Betrieb wieder aufgenommen. Neben den vielen Sommerbahnen, die von Wanderern, Ausflüglern und Bikern genutzt werden, fuhren in zwei Gebieten in Tirol auch noch einmal Skilifte an. Neben dem Hintertuxer Gletscher im ZillertalÖsterreichs einziges Ganzjahresskigebiet – war das auch am Kaunertaler Gletscher der Fall.

Bis kommenden Sonntag – das ursprüngliche geplante Saisonende – können Skifahrer noch einmal über die Pisten schwingen. Der Parkplatz des Kaunertaler Gletscherskigebiets in 2750 Metern Höhe war bereits zum Liftstart um 7 Uhr sehr gut gefüllt.

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„Ich lasse mir von Corona das Skifahren nicht nehmen“, sagte Markus Sojer, der eine zweistündige Autofahrt aus dem Tiroler Außerfern auf sich genommen hat. Neben vielen Skiclubs, die zum Training gekommen waren, fanden sich auch zahlreiche Hobbysportler unter den Gästen, denen die Wintersaison heuer zu früh geendet hatte. Das Wetter zeigte sich gnädig. Entgegen der Prognose zogen die Wolken rasch ab und gaben einen strahlend blauen Himmel frei.

Hotellerie wartet sehnsüchtig auf Grenzöffnung

Im 25hours-Hotel beim Wiener Museumsquartier hatte Rezeptionistin Ellie S. am Freitag alle Hände voll zu tun. Am Tag vor dem Pfingstwochenende hatte sie bereits 30 Anreisen abzuwickeln. Allesamt Touristen aus Österreich, die für zwei oder drei Nächte nach Wien gekommen sind.

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Für das Hotel bedeutet das eine Auslastung von etwa 25 Prozent. Was aber fehlt, das sind die deutschen Touristen, die normalerweise etwa die Hälfte der Gäste ausmachen. Darum sehnt man im 25hours-Hotel den 15. Juni herbei - wenn die Grenzen zu Deutschland wieder geöffnet werden.