Google-Abmahnungen: WKStA ermittelt wegen Verdachts der Millionen-Erpressung
Tausende Österreicher erhielten im Vorjahr Schreiben wegen Datenschutzverletzung eines Anwalts aus Groß Enzersdorf, der sich selbst als Datenschutz-Anwalt bezeichnet. Darin wurden sie aufgefordert, binnen 14 Tagen 190 Euro zu bezahlen, andernfalls sollten sie auf Schadenersatz geklagt werden.
Anwalt Marcus Hohenecker behauptet in diesem Schreiben, seine Mandantin Eva Z. sei durch das bloße Aufrufen der Website eines Fotografen schon in ihrem Recht auf Datenschutz verletzt worden. Denn ihre Computer-Adresse („IP-Adresse“) werde durch die Verwendung von Google-Schriftarten auf der Webseite des Fotografen an den US-Konzern mitgeschickt.
Der Suchmaschinen-Gigant könne so ohne die Zustimmung seiner Mandantin ein Nutzerprofil von ihr erstellen und damit ihre Daten missbräuchlich verwenden. Die Betroffenen hätten ihre Webseite dahingehend absichern müssen.
WKStA prüft Erpressungsvorwurf
Nun wurden die Ermittlungen ausgeweitet. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hat den Akt an die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) abgetreten, wo er seit 17. Jänner anhängig ist und die weitere Vorgehensweise aktuell geprüft wird, wie es dort heißt. Im Mittelpunkt des Verdachts stehen Erpressung und schwerer gewerbsmäßiger Betrug gegen den Anwalt und seine Mandantin. Es drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Anwalt Marcus Hohenecker weist im KURIER-Gespräch alle Vorwürfe zurück (siehe unten).
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist in diesen Fällen zuständig, soweit auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass der durch die Tat herbeigeführte Schaden fünf Millionen Euro übersteigt.
Rechtsanwalt Peter Harlander erklärt, wie es zu dieser Entwicklung kam: „Bereits im Oktober 2022 übermittelte ein Mandant aus Gleisdorf in der Steiermark einen Hinweis auf eine Wiener Druckerei, welche mit dem Versand der Briefe an die Opfer beauftragt war. Dieser Hinweis führte jetzt die Kriminalpolizei auf die richtige Spur.“
Die in der Druckerei sichergestellten Informationen zur Zahl der versendeten Briefe ermöglichte eine Berechnung der Gesamthöhe der an die Adressaten der Briefe gestellte Forderungen. Angesichts der Forderungshöhe von 190 Euro je Abmahnschreiben bedeutet dies, dass zumindest 26.315 Schreiben versendet wurden, so Harlander.
„Die in den Schreiben aufgestellte Behauptung, dass Frau Eva Z. einerseits alle Websites eigenhändig angesurft hat und dass diese dabei aufgrund der Verwendung von Google Fonts ein Unwohlsein empfunden hat, wirkt aufgrund dieser Zahlen unrealistisch“, meint der Anwalt.
Das sagt der Verdächtige
„Das alles ist eine Farce. Die Anzeiger haben in die Anzeigen alles reingeschrieben, was ihnen irgendwie in den Sinn gekommen ist. Es war ein Wust an Vorwürfen aus verschiedenen Richtungen. Die Anzeiger missbrauchen die Strafjustiz, um zivilrechtliche Ansprüche abzuwehren“, sagt Markus Hohenecker zum KURIER. „Die Vorwürfe treffen nicht zu und sind zurückzuweisen. Sie sind auch rechtlich absurd, weil bei Geltendmachung bestehender zivilrechtlicher Ansprüche eine unrechtmäßige Bereicherung ausgeschlossen ist.“ Nachsatz: „Es kann keine Opfer geben, weil es keine Strafbarkeit gibt.“