Chronik/Österreich

Einsam sein belastet die Gesundheit

Der KURIER hat bei der Expertin Ricarda Nater-Mewes, Leiterin der Forschungs-, Lehr- und Praxisambulanz der Fakultät für Psychologie an der Universität Wien, nachgefragt, wie sich Einsamkeit anfühlt und wie sie sich auswirkt.

KURIER: Was ist Einsamkeit?

Ricarda Nater-Mewes: Einsamkeit bedeutet, dass es eine Diskrepanz zwischen dem eigenen Bedürfnis nach sozialen Beziehungen und den tatsächlich bestehenden Beziehungen gibt. Das ist ein sehr individuelles Gefühl. Manche Personen brauchen mehr soziale Beziehungen und Kontakte und fühlen sich schneller einsam als andere. Dabei spielt gar nicht die Menge dieser Beziehungen eine Rolle, sondern eher deren Qualität und das Vertrauen darauf, dass eine andere Person da ist, wenn man praktische Hilfe braucht oder es einem schlecht geht. Einsamkeit ist auch nicht mit Alleinsein, also der physischen Abwesenheit anderer Personen, zu verwechseln.

Wie äußert sich Einsamkeit?

Einsamkeit findet sich bereits im Kindesalter und wird auch von Erwachsenen – und gerade von älteren Erwachsenen – gar nicht selten berichtet. Da Einsamkeit also den meisten von uns im Leben begegnet, hat sich die Wissenschaft viel damit befasst. Einsamkeit wird dabei tatsächlich als biologischer Zustand des Körpers verstanden, der dem Empfinden von Hunger, Durst oder Schmerzen ähnlich ist und uns deutlich macht, dass etwas fehlt und dazu drängen soll, unser Verhalten zu ändern und Kontakte zu suchen. Daran merkt man, wie zentral das Bedürfnis nach sozialen Beziehungen sein kann.

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Kann Einsamkeit Langzeitfolgen verursachen?

Studien zeigen eindrücklich, dass Einsamkeit die psychische und körperliche Gesundheit sehr stark belasten kann. So löst sie Stress aus und wirkt sich negativ auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit wie zum Beispiel den Blutdruck aus. Sie kann zudem zu Schlafproblemen führen und das Immunsystem schwächen, einen also anfälliger für Infekte machen. Einsamkeit schlägt auch auf die Stimmung und ist mit mehr Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben verbunden. Sie kann ängstlicher machen und in manchen Fällen sogar zu Halluzinationen führen.

Was kann man gegen Einsamkeit tun?

Je nach Ursache kann man unterschiedlich gegen Einsamkeit vorgehen. Wenn gerade keine Ausgangssperren bestehen, würde ich vor allem empfehlen, den Kontakt zu anderen Personen zu suchen. Dabei geht es erstmal wirklich nur um eine einfache Kontaktaufnahme, also zum Beispiel ein kurzes Gespräch beim Bäcker oder ein Grüßen der Nachbarin. Hunde können zum Beispiel unterstützen, regelmäßig raus zu gehen und mit anderen ins Gespräch zu kommen. In der nächsten Stufe könnte man sich zum Beispiel einem Verein oder einer Sportgruppe anschließen. Falls einen Selbstzweifel oder Verhaltensprobleme von solchen Aktivitäten abhalten, kann man klinisch-psychologische oder psychotherapeutische Angebote in Anspruch nehmen, die einem helfen, diese zu reduzieren.