Ischgl: Tourismusverband informierte Betriebe vorab zu Quarantäne
Ischgl gilt als einer jener Orte, von denen sich das Coronavirus in Österreich und Europa massiv ausbreiten konnte. Ausgelassene Partys in den Après-Ski Hütten dürften zur Ansteckung hunderter Urlauber geführt haben, die dieses "Mitbringsel" dann in ihre Heimat mitgenommen haben.
Mit 13. März hat Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) das vorzeitige Aus der Tiroler Wintersaison verkündet. Viel zu spät, man hätte viel eher reagieren müssen, lautet die Kritik an Behörden und politisch Verantwortlichen wie Platter und Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP). Die beiden hätten zu sehr Rücksicht auf die Seilbahn- und Tourismusindustrie genommen.
Erste Hinweise auf eine mögliche Epidemie soll es zumindest am 5. März gegeben haben, als Ischgl-Heimkehrer in Island positiv getestet wurden. Zwei Tage später wurde jener vielzitierte Barkeeper des "Kitzloch" in Ischgl positiv getestet, der dort Kollegen und Gäste ansteckte. Dadurch nahmen Corona-Fälle mit Ischgl-Bezug massiv zu.
Positiver Fall schon Ende Februar
Wie jüngst bekannt wurde, soll in einem Betrieb im Ort aber bereits Ende Februar ein positiver Fall unter seinen Mitarbeitern bekannt gewesen sein. Der Betrieb habe diese Infektion allerdings nicht gemeldet. Die Mitarbeiterin soll nach Hause geschickt worden sein.
Damit steht der Verdacht im Raum. dass eine meldepflichtige Erkrankung nicht an die Bezirksverwaltungsbehörde gemeldet worden ist - so steht es in einer Sachverhaltsdarstelltung des Landes Tirol an die Innsbrucker Staatsanwaltschaft, die am Montag übermittelt wurde.
Die Angelegenheit ist damit mittlerweile Sache der Justiz. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck ihrerseits leitet nun Ermittlungen zu dem Fall in Ischgl ein. Das Landeskriminalamt Tirol ermittelt wegen des Verdachts der fahrlässigen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten, so die Staatsanwaltschaft.
Am Dienstag erklärte außerdem der Verbraucherschutzverein VSV, dass man die Tiroler Behörden klagen werde. Der Vorhalt: Aus kommerziellen Gründen seien Ski-Orte zu spät und unkoordiniert geschlossen worden. "Ischgl und das Paznauntal, St. Anton am Arlberg, Sölden und das Zillertal sind solche Hot-Spots gewesen, bei denen es massive Hinweise gibt, dass die Tiroler Behörden - offenbar im Interesse der Tourismusbetriebe - Sperren von Pisten und Hotels hinausgezögert haben könnten," sagt Konsumentenschützer Peter Kolba, Obmann des VSV.
Tourismusverband informierte Betriebe vorab
Die Geschehnisse rund um Ischgl sind seit Dienstag noch um eine weitere Facette reicher. So hatte der Tourismusverband Ischgl ( TVB) die Beherbergungsbetriebe bereits vorab über die bevorstehende Quarantäne informiert, berichtete die ZiB 2 am Montag. Daraufhin forderten viele Betriebe laut ZiB 2 ihre Mitarbeiter dazu auf, den Ort noch schnell zu verlassen.
"Liebe Vermieter! Wir möchten euch informieren, dass wir um 12.30 Uhr vom Land Tirol über die Einrichtung von Check Points ab 14.00 Uhr informiert wurden", zitierte die ZiB 2 aus dem E-Mail des TVB. Dessen Geschäftsführer Andreas Steibl sprach gegenüber der APA jedoch von einer reinen Serviceleistung. Daran, dass daraufhin Betriebe ihre Mitarbeiter unverzüglich und noch vor der Quarantäne Heim schicken könnten, habe man nicht gedacht.
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass tatsächlich Mitarbeiter dann innerhalb einer Stunde abgereist sind", erklärte Steibl. Immerhin sei dies nicht so schnell möglich, da zuvor auch noch formelle Angelegenheiten wie etwa Abrechnungen erledigt werden müssten. Die Gefahr, dass durchs das E-Mail jemand vorzeitig abreise, habe man nicht gesehen.
Ein Saisonarbeiter, der in der ZiB 2 via Skype interviewt wurde, berichtete jedoch, dass er von seiner Firma den "Befehl" bekommen habe, zusammenzupacken und auszureisen.
Kontakt zwischen Land und Tourismusverband
Das Land Tirol bestätigte gegenüber der APA, dass ein Mitarbeiter einer Fachabteilung, der damit beauftragt war, das Registrierungsmanagement vorzubereiten, kurz vor Inkrafttreten der Quarantäne-Bestimmungen mit dem TVB Kontakt hatte. Dabei sei es um die fachliche Abklärung gegangen, wo die entsprechenden Formulare in den Hotels aufgelegt werden sollen. Eine Ausreise aus dem Paznauntal sei in weiterer Folge dann bekanntlich nur mehr nach Vorzeigen dieses Formulars möglich gewesen.
Seitens des Landes hatte man aber keine Kenntnis davon, dass der TVB die Vermieter verständigte, wurde betont. Dies sei auf Eigeninitiative erfolgt und werde vom Land Tirol verurteilt, hieß es.