Leitha-Auen: Dem Naturschutzgebiet geht das Wasser aus
Von Patrick Wammerl
Die Leitha im südlichen Niederösterreich steht vor dem ökologischen Kollaps. Der Titel Europaschutzgebiet „Feuchte Ebene – Leithauen“ an der Landesgrenze zum Burgenland mutet derzeit fast als Hohn an, denn dem Feuchtgebiet fehlt etwas Entscheidendes – das Wasser. Der Fluss ist mittlerweile von Katzelsdorf (Bezirk Wiener Neustadt) bis Neufeld im Burgenland bis auf wenige Tage im Jahr komplett ausgetrocknet – auf einer Länge von 15 Kilometern ist nur noch eine Schotterwüste übrig.
Mehrere Bürgermeister von Gemeinden entlang des Flussbetts, allen voran Harald Hahn aus Zillingdorf, machen sich nun für die Rettung der Feuchtebenen und Renaturierungen stark. Beim Land Niederösterreich läuft in diesem Zusammenhang ein Projekt für ein wasserwirtschaftliches Gesamtkonzept in der Region, erklärt der Leiter der Abteilung Wasserwirtschaft, Martin Angelmaier.
Verschmelzung
Die beiden Flüsse Schwarza und Pitten vereinen sich im Gemeindegebiet von Lanzenkirchen zur Leitha. „Der Fluss war immer der wichtigste Grundwasser-Regulator in unserer Region und Lebensader. Jetzt ist davon nichts mehr übrig“, zeichnet Hahn ein düsteres Bild. Mehr als 300 Tage im Jahr führt die Leitha bis Neufeld kein Wasser mehr – außer an Tagen mit starkem Niederschlag. Den Tieren und Pflanzen in dem ausgewiesenen Natur- und Landschaftsschutzgebiet (Fauna-Flora-Habitat) werde damit die Lebensgrundlage genommen.
So dramatisch, wie in den vergangenen Jahren sei die Situation noch nie gewesen. Ein Indikator sind auch die Grundwasserseen entlang der Landesgrenze, die vom Strom der Leitha unterirdisch gespeist werden. Der Wasserstand an den Neudörfler Seen ist auf einem historischen Tiefstand, zum Normalwert fehlen fast fünf Meter.
Neben dem Klimawandel und geringeren Niederschlagsmengen weiß Hahn genau um die Ursachen der Trockenheit Bescheid. Von Wiener Neustadt flussabwärts werde zu viel Wasser für Werkskanäle und deren Kleinwasserkraftwerke entnommen.
Laut Angelmaier gibt es zwei wesentliche Wasserentnahmen aus dem eigentlichen Mutterfluss – nämlich bei der Peischinger Wehr (Bezirk Neunkirchen) für den Kehrbach und bei der Rauwehr in Katzelsdorf für Kehrbach und Warme Fischa. Durch den Betrieb der dort gelegenen Wasserkraftanlagen bestünde ein „massives rechtliches Interesse“, dass sich an den Durchflussmengen nichts ändere.
Dagegen argumentiert Hahn mit der allgemeinen Rechtslage „Mutterfluss vor Ausleitung“. Sprich, es dürfe nur so viel Wasser entnommen werden, dass der Mutterfluss bestehen kann. Laut Angelmaier sei man deshalb gerade dabei zu erheben, wie in Zukunft alle Interessen gewahrt werden können. Die Ausleitungen alleine sind laut dem Behördenleiter aber nicht der alleinige Grund für die angespannte Situation. Ausgerechnet zwischen Katzelsdorf und Zillingdorf versickert am meisten Wasser im Flussbett der Leitha (1,5 Kubik/Sekunde).
Über den langen Beobachtungszeitraum der vergangenen 30 Jahre sei kein deutlicher Trend über den Rückgang der Wassermengen in der Leitha erkennbar. Die vergangenen drei bis vier Jahre sind laut Angelmaier aber deutlich trockener ausgefallen.
Der Grundwasserstand im südlichen Wiener Becken sei auf einem Rekordtief. In Wiener Neustadt lag der Spiegel am Freitag mit 259 Meter über Adria auf einem der tiefsten Werte seit 15 Jahren. 2009 war der Wasserstand mit über 266 Meter ü.A. um sieben Meter höher.
„Die Schneeschmelze im Rax-Schneeberg-Gebiet hat auch starke Auswirkungen auf den Grundwasserstand“, sagt Angelmaier. Und diese ist in den vergangenen Jahren sehr dürftig ausgefallen.