Neusiedler See: Schützen? Nützen? Oder beides?
Von Michael Pekovics
Über den Neusiedler See wurde schon immer diskutiert. Und auch darüber, wie er genutzt werden soll von den Menschen, die rund um ihn leben.
Zuletzt etwa im Jahr 2019, als der frühere Landeshauptmann Hans Niessl einen neuen Managementplan für den Steppensee in Aussicht stellte. Das Motto damals: „Schützen und Nützen.“
Nach dem Wechsel von Hans Peter Doskozil an die Spitze des Landes wurden die damals präsentierten Pläne auf Eis gelegt beziehungsweise überprüft und neu bewertet.
Anfang dieser Woche wurde abermals der Startschuss für einen neuen Managementplan gegeben, der laut Regierungsprogramm bis Ende 2022 vorliegen soll. Dieses Mal für die Welterbe-Region. Und auch das Motto hat sich leicht verändert. Jetzt heißt es nämlich „Schützen durch Nützen“. Ein kleiner aber feiner Unterschied, der die Herausforderungen aber nicht kleiner machen dürfte. Im Gegenteil.
Schutzstatus erhalten
Konkret geht es jetzt darum, den ersten Managementplan aus dem Jahr 2003 (!) gemeinsam mit dem ungarischen Welterbeverein bis 2022 zu evaluieren. Ziel ist der „langfristig ausgerichtete Erhalt des Weltkulturerbes im Sinne der Welterbe-Konvention und im Sinne eines grenzüberschreitend wirksamen Managementansatzes“, heißt es in der Aussendung des Landes.
Gemeinsames Ziel ist, den einzigartigen Schutzstatus der Region auch zukünftig beizubehalten, betonte Landesrätin Daniela Winkler (SPÖ) bei der Auftaktveranstaltung in Winden.
Tatsächlich ist der Welterbe-Status laut dem UNESCO-Fachbeirat ICOMOS International gefährdet. Vor allem durch das touristische Megaprojekt am ungarischen Seeufer bei Fertörákos (siehe Zusatzbericht), aber auch durch einige Bauvorhaben auf österreichischer Seite. Umweltschutzorganisationen fordern deshalb schon länger, dass der Neusiedler See auf die Rote Liste der gefährdeten Welterbestätten gesetzt werden soll. Greenpeace hat sich erst in der vergangenen Woche mit einer Beschwerde über Ungarn an die EU-Kommission gewandt.
Offene Fragen
Im Burgenland beziehungsweise in Ungarn wird derweil in den gemeinsamen Workshops der Welterbe-Vereine über folgende Fragen nachgedacht: „Wo soll sich der Tourismus hin entwickeln? Wie wird das Thema Mobilität angegangen? Gibt es einen Änderungsbedarf bei den Kriterien für das Bauen im Welterbe?“
Fragen, die angesichts der aktuellen Entwicklungen am Ufer ein wenig überholt wirken. Aber schließlich brauche es für „Balance zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Erhaltung der Natur einen permanenten Diskussionsprozess“, heißt es eingangs in der Aussendung.
An Stoff dafür dürfte es künftig nicht mangeln.
Ungarn: Wirbel um Orbán-Vertrauten
Derweil werden in Ungarn ganz andere Themen diskutiert. Dort soll ein persönliches Naheverhältnis zu Ministerpräsident Viktor Orbán ja nicht schaden, wenn es um die Vergabe von Bauprojekten geht. Auch am touristischen Megaprojekt in Fertörákos soll neben Orbáns Tochter auch sein umstrittener Vertrauter Lőrinc Mészáros federführend beteiligt sein.
In einigen ungarischen Medien wurde Kritik laut, weil Mészáros auch den rund elf Millionen Euro teuren Zuschlag für den Bau des Donauwasser-Kanals erhalten haben soll. Mit diesem grenzüberschreitenden Projekt soll Wasser in die Region Neusiedler See befördert werden, um einerseits den Wasserhaushalt des Sees und andererseits den Grundwasserspiegel zu stabilisieren. Dieser leidet durch zunehmende Trockenheit aufgrund des Klimawandels und steigende Entnahmen seitens der Landwirtschaft.
Und da kommt wieder Mészáros ins Spiel. Er soll an einem landwirtschaftlichen Großbetrieb in der Region beteiligt sein, der für enorme Wasserentnahmen verantwortlich sein soll. Kofinanziert wird das Projekt aus EU-Geldern und mit drei Millionen Euro aus dem Burgenland.