Jubel, Enttäuschung, Ernüchterung: Wahltag in den Parteizentralen
Heuer war am Wahltag bei der SPÖ alles anders: Trafen sich die Funktionäre und die passionierten Wahlkiebitze stets im roten Parteihaus, war am gestrigen Wahlsonntag der SPÖ-Klub im Landhaus Treffpunkt für die Sozialdemokraten.
Der Ortswechsel war vielleicht auch eine Reaktion auf die Wahltage der vergangenen Jahre, bei denen stets Verluste hinzunehmen waren. Angefangen bei der Landtagswahl 2015 über die Gemeinderatswahl 2017 und die Bundeswahlen danach stand bei Burgenlands Sozialdemokraten stets ein Minus vor dem Ergebnis. Um 15 Uhr trudelten die ersten Politiker im Landhaus ein – und übten sich zunächst nur in vielsagenden Andeutungen.
Bei den Roten ging es „sehr weit hinauf“
„Es könnte weit hinaufgehen“, war ein geflügeltes Wort in den Gängen des Klubs. Auch ohne Worte war die gute Stimmung erkennbar, Klub-Mitarbeiter strahlten über das ganze Gesicht. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, der am Vormittag mit seiner Verlobten Julia Jurtschak im Wahlsprengel 4 in Oberwart gut gelaunt seine Stimme abgegeben hatte, war da noch auf dem Weg nach Eisenstadt.
Übrigens: Beim Wahllokal war er zufällig auf die dritte Landtagspräsidentin Ilse Benkö vom bisherigen Koalitionspartner FPÖ gestoßen. „Ich freue mich wirklich auf diesen Tag und wie er verläuft“, meinte Doskozil – und lag damit offenbar goldrichtig.
Jörg Leichtfried, Vizeklubchef im Nationalrat, sagte in Eisenstadt, das Ergebnis sei eine „Win-Win-Situation“ für Landes- und Bundes-SPÖ. Ob sich Doskozil in der Bundespartei noch stärker einmischen werde? „Die SPÖ hat neun Landesparteivorsitzende und alle mischen sich ein – das ist gut so.“ Dann war 16 Uhr – und der rote Jubel kannte keine Grenzen.
Nur SPÖ-Triumph trübt ÖVP-Freudentag
Alle Wahlziele erreicht und trotzdem hätte die Stimmung bei der ersten Hochrechnung weit besser sein können. Denn die mögliche absolute Mehrheit der SPÖ dämpfte in der ÖVP-Landesparteizentrale von Anfang an die grundsätzlich gute Stimmung. Dass am Ende ein Plus vor dem Ergebnis stehen würde, zeichnete sich schon früh ab, zwischenzeitlich ließen Prognosen sogar einen Wert um 35 Prozent erhoffen. Und doch hieß es bereits am frühen Nachmittag: „Was nützt uns das alles, wenn die SPÖ die absolute Mehrheit holt?“
Der Einsatz war hoch gewesen. „Alle Kandidaten haben Vollgas gegeben, es war ein toller Wahlkampf, obwohl wir aus der schwierigen Oppositionsrolle gestartet sind“, war Landesgeschäftsführer Christoph Wolf zufrieden. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz war am Sonntag gemeinsam mit Bundesministerin Karoline Edtstadler zur Hochrechnung nach Eisenstadt gekommen. Der Jubel war groß, als der Bundesparteichef mit der burgenländischen Führungsriege den Saal betrat.
Ebenso frenetisch wurde das VP-Ergebnis der ersten Hochrechnung bejubelt – und doch ging ein enttäuschtes Raunen durch die Reihen, als den Sozialdemokraten ein Wert über 50 Prozent prognostiziert wurde. „Ich gratuliere dem Landeshauptmann. Das ist natürlich ein gutes Ergebnis, ermöglicht durch die Schwäche der FPÖ“, sagte Landesparteiobmann Thomas Steiner in einer ersten Reaktion. „Für uns ist es wichtig, die Wahlziele erreicht zu haben – ein Plus und mehr als 30 Prozent.“
Wie sehr Innenminister Karl Nehammer durch Spekulationen über grenznahe Asylzentren im Burgenland der ÖVP geschadet habe, wollte Steiner nicht bewerten: „Jeder Wahlkampf hat seine Überraschungen, wir werden das analysieren.“
Verluste für die Blauen, gefeiert wird trotzdem
Funktionäre und Parteimitglieder versammelten sich im FPÖ-Landtagsklub und warteten gespannt auf das Ergebnis. Neben Landeshauptmann-Stellvertreter Johann Tschürtz und Landesrat Alexander Petschnig war auch Bundesparteiobmann Norbert Hofer in Eisenstadt zu Gast.
Einzelne Gemeindeergebnisse machten schon früh die Runde – und drückten die Stimmung. Kurz nach 16 Uhr gab es dann Klarheit, die FPÖ verliert laut ersten Hochrechnungen fast ein Drittel ihrer Stimmen. „Wir haben schon mehr gelacht“, sagte FPÖ-Klubobmann Geza Molnar.
FPÖ-Büroleiter Thomas Grandits führte das schlechte Ergebnis vor allem auf die Bundesthemen, also „Ibiza und Spesenskandal“, zurück. Auch in der Steiermark und in Vorarlberg hätten die Freiheitlichen zuletzt bei Wahlen verloren.
Nach der ersten Hochrechnung zogen sich die Parteigranden ins Hinterzimmer zurück, um zu beraten. Landeshauptmannstellvertreter Johann Tschürtz will nach dieser Niederlage keine Konsequenzen ziehen. „Ich habe keinen Fehler gesehen, die Gesamtsituation hat der FPÖ dieses Mal einfach nicht in die Hände gespielt“, sagte Tschürtz. Positiv sieht er, dass ÖVP und Grüne nicht viel dazu gewonnen haben. Gefeiert werde trotzdem noch, sagte Tschürtz am Sonntagnachmittag. Nämlich das bisher drittbeste Ergebnis für die FPÖ im Burgenland.
Grüne hätten sich in Pannonien „mehr erhofft“
Die Hoffnung auf das dritte Mandat und damit das Erreichen der Klubstärke war bei den Grünen am Sonntagnachmittag groß. Im Eisenstädter Stadtheurigen „Weinschwein“ fanden sich unter anderem Klubobfrau Sigi Maurer, der Grüne Europasprecher Michel Reimon und Landesgeschäftsführerin Martina Hajdusich ein, um auf die Wahlergebnisse zu warten. Auf die Spitzenkandidatin Regina Petrik mussten die Besucher aber bis am Abend warten: Sie stellte sich einstweilen den Interviews im Landhaus.
„Ich glaube, wir schaffen das dritte Mandat. Sollten die Großparteien zulegen, wäre das aber nicht gut“, sagte eine Grün-Symphatisantin. Wenige Minuten später war diese Hoffnung dahin: Die Grünen können ihr Ergebnis von 2015 nur halten, das erhoffte Plus von zwei bis drei Prozent bleibt aber aus. Ernüchterung machte sich breit. „Wir hätten uns mehr erhofft“, so Klubobfrau Sigi Maurer in einer ersten Reaktion.
Aber, so räumt die Grüne-Frontfrau ein, „das Burgenland ist speziell. Das sieht man auch am Ergebnis der SPÖ.“ Warum die Grünen in Pannonien nicht von der Regierungsbeteiligung im Bund profitieren konnten? „Dafür ist die Zeit vermutlich zu kurz gewesen“, meint Sigi Maurer.
Geschäftsführerin Hajdusich will jetzt der Frage nach dem „Warum“ nachgehen: „Da braucht es sicher eine längere Analyse“. Natürlich wolle man weiterhin eine starke Stimme für den Klimaschutz im Burgenland sein. Ob die Grünen um die Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten werben werden? „Ich denke, dieses Angebot wird von Hans Peter Doskozil kommen müssen“, so Hajdusich.
Auch beim zweiten Anlauf gibt’s kein pinkes Mandat
Eduard Posch kämpfte bei der Hochrechnung mit den Tränen. Als feststand, dass der NEOS-Spitzenkandidat mit seiner Partei den Einzug in den Landtag nicht schaffen wird, herrschte in der Neosphäre wehmütige Stimmung. Aufgeben werde er aber nicht, sagte der 63-Jährige in einem ersten Statement zum KURIER.
„Ich bin traurig, dass wir das Wahlziel nicht erreicht haben“, so wandte sich der Spitzenkandidat der Neos an seine Sympathisanten im Eisenstädter Parteilokal. Mit Blumen und Wein bedankte er sich bei seinen Mitstreitern. Für Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik gab es einen „spritzigen Uhudler“ als Geschenk.
Es ist bereits das zweite Mal, dass die Neos den Einzug in den Landtag verpassen. „Die Grünen mussten vier Mal antreten, bis sie es geschafft haben. Auch wir geben uns nicht geschlagen. Wir werden auf jeden Fall weitermachen“, sagte Posch. Es habe sich gezeigt, dass „das Burgenland ein schwieriges Pflaster“ sei. Als Spitzenkandidat wurde Posch erst wenige Wochen vor der Wahl präsentiert. Der Pinkafelder war bis jetzt der einzige Neos-Gemeinderat im Burgenland.
„Es liegt noch viel Arbeit vor uns.“ Nun wolle man versuchen, in den Gemeinden „besser Fuß“ zu fassen“, erklärte Posch. Niki Scherak, stellvertretender Klubobmann der Neos im Nationalrat, führte das schlechte Ergebnis auch darauf zurück, dass es im ländlichen Burgenland „wenige Großstädte“ gibt.
Nach Niederlage kündigt Kölly seinen Rückzug an
Manfred Kölly, Spitzenkandidat des Bündnis Liste Burgenland (LBL) und Bürgermeister von Deutschkreutz, gab sich bei der Stimmabgabe am Sonntag optimistisch, dass die LBL zum dritten Mal den Einzug in den Landtag schaffen werde. Er habe „keinen Zweifel daran“, sagte er vor dem Wahllokal in seiner Gemeinde.
Obwohl sämtliche Umfragen den Wiedereinzug des LBL sehr infrage stellten, ging man bei der Liste Burgenland bis zum Schluss davon aus. Sieben bis acht Prozentpunkte und zwei bis drei Mandate waren das Ziel, wie Kölly immer wieder betonte. Das Ergebnis der ersten Hochrechnungen erfuhr Kölly in seiner Heimatgemeinde, wo er als Wahlhelfer tätig war. Grund zum Feiern gab es keinen, die Liste schafft den Einzug in den Landtag nicht.
Schon vor der Wahl war mit Landtagsabgeordneten Gerhard Hutter, der zur SPÖ wechselte, eine wichtige Stütze der Partei und damit auch viele Stimmen weggebrochen. Andreas Kuchelbacher, LBL-Kandidat und Gemeinderat in Großhöflein, erklärte in Interviews, dass die LBL die Jugend nicht erreichen konnte. „Wir müssen uns verjüngen“, sagte Kuchelbacher. Mit Kölly – er ist mit 65 Jahren der älteste Spitzenkandidat – habe die Liste den falschen Mann an die Spitze gestellt, erklärte Kuchelbacher.
Laut Kuchelbacher müsse sich die Liste neu aufstellen. In den nächsten Wochen werde es Gespräche mit den Mitgliedern geben. „Dann schauen wir, wie wir uns für die nächsten Gemeinderatswahlen aufstellen werden – hier gilt es weiterzuarbeiten.“
„Mich hat das Ergebnis hart getroffen“, sagte Kölly. Er will nun einen Nachfolger aufbauen und sich dann aus der Landespolitik zurückziehen.