"Zurück zur Spitze" - mit mehr Lebensqualität

"Zurück zur Spitze" - mit mehr Lebensqualität
WIFO-Strategie 2025 für Österreich: Wachstum nur ein Baustein neben "sozialem Ausgleich" und "Öko-Exzellenz".

"Wir haben nicht die Ambitionen eines Spitzenlandes", warnt Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO): "Österreich orientiert sich am Durchschnitt. Das ist zu wenig."

Dass Österreich in Standort-Rankings zurückfällt, ist bekannt. Aber auch um das frühere Umwelt-Musterland ist es nicht so toll bestellt. Im Öko-Ranking 2016 der Yale University ("Environmental Performance Index") schafft Österreich Platz 18 von 180 Ländern. Vor zehn Jahren schaute noch Platz 6 heraus.

Das WIFO will Österreich "zurück an die Spitze" führen und regt eine umfassende Reformagenda bis 2025 an. Anstatt sklavisch auf das Wachstum der Wirtschaftsleistung, also das BIP zu starren, solle ein breiteres Maß ins Auge gefasst werden – die steigende Lebensqualität. Konkret schauen die WIFO-Forscher dabei auf die drei Indikatoren wirtschaftliche Dynamik, sozialer Ausgleich und ökologische Exzellenz.

"Viele Schrauben"

Ganz ohne Wachstum geht es freilich nicht. Auf lange Sicht müsse man sich von BIP-Zuwachsraten von 3 Prozent und mehr verabschieden. "Noch sind wir aber für so ein niedriges Wachstum nicht reif", sagte Aiginger. Österreich schleppe nämlich drei Rucksäcke mit sich – steigende Arbeitslosigkeit, hohe Staatsschulden und ungleich verteilte Einkommen. Langfristig müsse die Wirtschaftspolitik aber kräftig umgebaut werden. Mit Einzel-Reformen sei es nicht getan, dagegen seien die Widerstände zu groß. Die WIFO-Experten wollen fünf Hebel ansetzen:

Innovation

Statt zur EU-Spitzengruppe aufzuschließen, fällt Österreich in Sachen Forschung zurück. Aiginger möchte erreichen, dass sich die Produktivität der Industrie nicht verbessert, weil die Löhne gedrückt werden, sondern weil Material und Energie effizienter eingesetzt werden. Breitbandoffensive, innovative Start-up-Finanzierung, Forschungszentren seien weitere Bausteine.

Mehr Nachfrage

Investitionen in die energetische Sanierung oder neue Verkehrstechnologien hätten einen doppelt positiven Effekt: Die Unternehmen erhalten Aufträge und es lassen sich fossile Energieträger einsparen. Bessere Wettbewerbspolitik soll die Inflation in Schach halten.

Weniger Arbeitslose

Die Steuern und Abgaben auf Arbeit müssten sinken – dafür sollten Energie, Tabak, Alkohol höher besteuert werden ebenso wie Vermögen und große Erbschaften. Flexiblere Arbeitszeiten ja, aber für beide Seiten: Arbeitnehmer sollen im Ausgleich für intensive Zeiten ein Anrecht auf mehr Freizeit und bessere Work-Life-Balance erhalten.

Dekarbonisierung

Der Verzicht auf Fossilenergie und Fokus auf Umwelttechnologie soll das Wachstum ankurbeln. Steuernachlässe wie auf Diesel oder Subventionen für Heizkessel müssten der Vergangenheit angehören.

Reformmotor Staat

Der öffentliche Sektor soll als Vorbild vorangehen – etwa in der Beschaffungspolitik oder mit einer Förderalismusreform.

In Summe ließen sich durch die Reformen 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte mehr Wachstum erreichen. Klingt wenig? "Ich habe in meiner Zeit als WIFO-Chef gelernt, wie schwer es ist, nur 0,1 Prozentpunkte zu gewinnen. Das soll man nicht geringschätzen", sagt Aiginger.

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