"Wir lassen etwas liegen"

Minister Rupprechter will, dass die Bauern für weniger Milch mehr Geld bekommen
Neuer Kammer-Generalsekretär Plank für Strukturreform bei den Molkereien.

Ein Teil der Wortmeldungen zur Krise am Milchmarkt entbehren nicht einer gewissen Skurrilität. Man möge doch auf die Exportorientierung verzichteten, lautet ein Vorschlag. Dessen Umsetzung würde dazu führen, dass es für etwa 50 Prozent der in Österreich erzeugten Milch keine Abnehmer mehr gibt. Was das für die Milchbauern bedeuten würde, bedarf keiner näheren Erläuterung.

Der neue Generalsekretär der Landwirtschaftskammer Österreich, Josef Plank, wünscht sich mehr Realitätssinn. Der Preisdruck auf die Milchbauern ist bekanntermaßen eine Folge der Mehrproduktion nach der Abschaffung der Begrenzung der Milch-Liefermengen in der EU. Vor allem im nördlichen Europa wird deutlich mehr Milch erzeugt.

Strukturproblem

Aber auch die kleinteilige Struktur der Molkereibetriebe in Österreich sei vom Idealzustand ein gutes Stück entfernt. Plank formuliert wohlüberlegt: "Produktion und Vermarktung sollten näher zusammenrücken – etwa in Form einer Branchenorganisation." Das ist im Ausland schon passiert. Die schwedisch-dänische Molkereigenossenschaft Arla hat 12.256 Anteilseigner in mehreren Ländern. Ihre Produkte werden in mehr als 100 Staaten verkauft.

Die derzeitige Organisationsform der Molkereien habe zur Folge, dass österreichische Qualitätsmilch in Italien billiger angeboten wird, als italienische Milch mit niedrigeren Qualitätsstandards, ärgert sich Plank. "Wir lassen etwas liegen", lautet seine Schlussfolgerung. Im Billigsegment werde die heimische Landwirtschaft gegen die ausländische Konkurrenz nicht reüssieren.

"Wir lassen etwas liegen"
Interview mit Josef Plank, neuer Generalsekretär der Landwirtschaftskammer Österreich ab 1.August 2016, Wien am 17.06.2016.
Die Verantwortung für die Strukturen liegt bei den Betroffenen. Die meisten Molkereien in Österreich sind Genossenschaften. Eigentümer sind daher die Bauern.

Plank verweist auch auf den Wettbewerbsnachteil bei der Selbstvermarktung durch die Bauern. Die immer höheren Standards müssen bei der bäuerlichen Selbstvermarktung genauso angewendet werden, wie in den großen Betrieben der Lebensmittelindustrie. Die umfassendere Deklarationspflicht etwa oder die Zertifizierungspflicht sei für Großbetriebe leicht umsetzbar, für bäuerliche Klein- und Mittelbetriebe jedoch kaum machbar.

Umweltorganisation, die für immer höher Standards für alle eintreten, sorgen damit auch für einen Wettbewerbsvorteil der großen Strukturen. Was NGO nicht daran hindert, sich gleichzeitig über die Industrialisierung der Landwirtschaft zu beklagen. "Dieser Kreislauf muss durchbrochen werden", verlangt Plank. "Es muss für kleine Strukturen andere Regeln geben."

Gut gemeint

Dass gut gemeint auch das Gegenteil von gut sein kann, erläutert Plank am Beispiel der Käfighaltung für Hühner. Nach dem Verbot werden im Lebensmitteleinzelhandel keine Eier aus Käfighaltung mehr angeboten. So soll es ja auch sein.

Aber zwei Drittel der Eier werden entweder von der Lebensmittelindustrie verarbeitet oder von der Gastronomie. Da gibt es keine Deklarationspflicht. Die Zahl der Eier, die täglich nach Österreich importiert werden, beträgt etwa eine Million. Das werden wohl größtenteils billige Eier aus Käfighaltung sein. Das Handelsabkommen mit der Ukraine erleichtert den Import. Die Käfige sind lediglich von der EU in die Ukraine übersiedelt.

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