Unpatriotisch: Obama tadelt steuerflüchtige US-Konzerne

Unpatriotisch: Obama tadelt steuerflüchtige US-Konzerne
Neues Gesetz soll Abwanderung von US-Firmen stoppen - rasche Einigung ist aber nicht in Sicht.

Die USA nehmen fahnenflüchtige Konzerne zur Brust: Vor 2000 Zuhörern in Los Angeles kritisierte Präsident Barack Obama "Unternehmens-Deserteure", die ihren Sitz in Niedrigsteuerländer wie Großbritannien, Irland oder die Schweiz verlegen.

So wie Aon Corporation. 2012 übersiedelte die Versicherungsgesellschaft mit knapp 12 Mrd. US-Dollar Jahresumsatz von Chicago nach London. Der Schritt über den Atlantik hat sich gelohnt: 17,5 Prozent Steuern fallen für die im zweiten Quartal verdienten 380 Millionen Dollar nun an – in den USA wären es 24,7 Prozent gewesen. Steuer-Ersparnis: 27 Millionen Dollar.

Firmen, die "aus dem Land fliehen", sollten sich künftig nicht mehr "als US-Firmen bezeichnen dürfen", forderte Obama. "Es ist mir egal, ob das legal ist, es ist falsch", forderte er rasch ein Gesetz ein, das diesen Praktiken einen Riegel vorschiebt.

17 Milliarden Dollar

Nicht ohne Kalkül: Im November sind Halbzeitwahlen. Und der Präsident trifft den Nerv des Volkes: 66 Prozent der Amerikaner sind überzeugt, dass Firmen zu wenig Steuern zahlen. Auch im Finanzausschuss des Repräsentantenhauses wurde diskutiert. "Wenn Firmen weiter ihre Sitze verlegen, werden wir Einnahmen und Jobs verlieren", warnte der Republikaner Ed Royce.

Beide Parteien sind also einig, dass etwas geschehen muss. Eine rasche Lösung gilt dennoch als unwahrscheinlich. Während die Demokraten gezielt die Wanderbewegung stoppen wollen, fordern die Republikaner eine Großreform des Steuersystems. Der US-Fiskus jagt nämlich schon seit den 1980ern den Unternehmen nach – mit mäßigem Erfolg. Der Grund: Die USA haben mit 35 Prozent den höchsten Unternehmenssteuersatz unter allen 34 OECD-Ländern. Dafür bleiben Gewinne von Auslandstöchtern völlig unangetastet.

Über 40 Unternehmen sind deshalb seit den 1980er Jahren aus den USA ausgezogen – die Hälfte davon in den letzten fünf Jahren. Und der Trend reißt nicht ab: Pharmakonzern Abbvie, die Einzelhandelskette Walgreens, Saatgut-Gigant Monsanto, Bananenproduzent Chicquita Brands, das Arzneimittelunternehmen Mylan und Medizintechniker Medtronic waren die jüngsten Abwanderer.Gelingt keine Einigung auf ein Gesetz, entgingen den USA 17 Mrd. Dollar Einnahmen, schätzt das Finanzministerium. Insgesamt kassierten die USA zuletzt 274 Mrd. Dollar Unternehmenssteuer. Klingt viel, macht aber nicht einmal zehn Prozent an den gesamten Steuern aus.

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