TTIP: Verwirrung um Investorenschutz

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström
EU-Handelskommissarin Malmström sorgt mit Aussagen zu den umstrittenen Schiedsgerichten für Verwirrung.

Einen Schritt vor, dann wieder zurück. Die neue EU-Kommission von Jean-Claude Juncker geht auf Gegner des Freihandelsabkommens Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zu. Vor der Parlamentsanhörung der neuen EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström blieb allerdings unklar, wie weit die Zugeständnisse gehen.

TTIP-Verhandlungen

Die Schwedin wird an diesem Montag den Abgeordneten Rede und Antwort stehen. Am selben Tag gehen die TTIP-Verhandlungen in den USA in die siebte Runde.
Malmström schwächte vor der Anhörung Aussagen zu TTIP ab und korrigierte dazu dem Vernehmen nach schriftliche Antworten, die sie an die Parlamentarier geschickt hatte.

Wie tagesschau.de berichtet, sei Malmström ein "Fehler" unterlaufen. Zunächst habe sie sich für ein TTIP ohne die umstrittene Investor-Staat-Streitschlichtung (ISDS) ausgesprochen: "Keine Begrenzung der Zuständigkeit von Gerichten in den EU-Mitgliedsstaaten wird in diesem Zusammenhang akzeptiert werden; das bedeutet eindeutig, dass keine Investor-Staat-Streitbeteiligung Teil dieser Vereinbarung wird." Ein unmissverständlicher Satz, der einen klaren Kurswechsel bei den umstrittenen Schiedsgerichten bedeutet hätte. In einer überarbeiteten Version bleibt dieser Teil vollkommen unerwähnt, so tagesschau.de.

Der Vorsitzende des Handelsausschusses in der Volksvertretung, Bernd Lange, zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass die Juncker-Kommission bei TTIP einen neuen Kurs einschlagen werde. „Auch ohne die explizite Absage an die Schiedsgerichte ist das Papier ein deutlicher Unterschied zu der Linie der bisherigen Kommission“, ließ Lange am Sonntagabend mitteilen. TTIP-Gegner warnen seit längerem, Konzerne könnten auf der Basis von ISDS-Klauseln die EU oder einzelne Staaten vor internationale Schiedsgerichte bringen. In Deutschland lehnt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) Investitionsschutzregeln ab - auch beim Freihandelsabkommen Ceta mit Kanada, das bereits fertig ausgehandelt ist.

Kehrtwende der EU

Juncker hatte schon im Juli eine Kehrtwende in Aussicht gestellt. Er sagte, er werde es nicht hinnehmen, „dass die Rechtsprechung der Gerichte in den EU-Mitgliedstaaten durch Sonderregelungen für Investorenklagen eingeschränkt wird“.

Der künftige Kommissionschef fügte damals hinzu: „Rechtsstaatlichkeit und Gleichheit vor dem Gesetz müssen auch in diesem Kontext gelten.“ Juncker ist nach eigenen Worten auch nicht bereit, europäische Standards im Bereich Sicherheit, Gesundheit, Soziales oder Datenschutz „auf dem Altar des Freihandels zu opfern“.
Das geplante TTIP-Abkommen mit dem Wirtschaftsriesen USA ist für viele Kritiker ein rotes Tuch. Sie befürchten die Absenkung von Verbraucher- und Umweltschutzstandards in Europa. Die bisherige Kommission von José Manuel Barroso hatte diese Vorwürfe stets zurückgewiesen. Der Investorenschutz war allerdings von der EU nach öffentlichem Druck bei den Verhandlungen bereits auf Eis gelegt worden.

Größte Freihandelszone der Welt

Mit dem Abkommen soll die größte Freihandelzone der Welt mit rund 800 Millionen Menschen entstehen. Auch der deutsche Kommissar Günther Oettinger wird am Montag angehört werden. Der CDU-Politiker soll künftig für die Digitalwirtschaft verantwortlich sein. Das Parlament muss der neuen Juncker-Kommission noch zustimmen. Falls es keine Verzögerungen gibt, wird das neue Spitzengremium am 1. November seine Arbeit aufnehmen. Die EU und Kanada hatten erst am Freitag in Ottawa feierlich den Abschluss ihrer Freihandelsverhandlungen verkündet, die fünf Jahre dauerten. Das Abkommen - Comprehensive Economic and Trade Agreement (Ceta) - soll 2016 in Kraft treten und muss vorher noch förmlich gebilligt (ratifiziert) werden. Ceta gilt als Blaupause für das weitaus wichtigere TTIP.

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