Sechs Jahre Haft für Karl Petrikovics

APA12278688-2 - 12042013 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT WI - Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics am Freitag, 12. April 2013, anl. des Prozesses wegen Untreue und "Bildung einer kriminellen Vereinigung" am Landesgericht Wien. Es geht um Aktienoptionsgeschäfte, mit denen sich die früheren Immofinanz-Manager laut Anklage ohne Zustimmung des Aufsichtsrats auf Kosten des Unternehmens bereichert haben sollen. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
Der Ex-Chef und „Mastermind“ wurde wegen schwerer Untreue schuldig gesprochen.

Die Schuldsprüche waren erwartet worden, die Höhe überraschte dann doch viele Prozessbeobachter. Ex-Immofinanz-Boss Karl Petrikovics wurde am Freitagabend wegen schwerer Untreue zu sechs Jahren unbedingter Haft verurteilt. Ex-Aufsichtsrat Helmut Schwager fasste viereinhalb Jahre aus, und der ehemalige Leiter des Rechnungswesens, Christian Thornton, bekam zwei Jahre bedingt. Der mitangeklagte Treuhänder Ernst Hable wurde freigesprochen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Die drei schuldig gesprochenen Angeklagten hätten ihre Befugnisse, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht, begründete Richterin Claudia Moravec-Loidolt die Schuldsprüche. „Man hat sich Begünstigungen in Höhe von 20 Millionen Euro auszahlen lassen, ohne dafür eine rechtliche Grundlage zu haben“.

Zur Schadensbehebung müssen Petrikovics und Schwager nun 11,2 Millionen Euro zahlen, den Rest haben sie bereits früher beglichen.

„Petrikovics war der Mastermind. In seinem Auftrag wurde alles hin und her geschoben.“ – Richterin Claudia Moravec-Loidolt

Karl Petrikovics sei der „Mastermind“ im Unternehmen gewesen, auch der im Prozess viel zitierte „Sonnenkönig“, so die Richterin. Es wurde im Auftrag von Petrikovics „alles hin und her geschoben“. Er habe die „Bank und das Leintuch beherrscht.“ Mit „Leintuch“ wurden die einzelnen Tochtergesellschaften bezeichnet – weil es so viele waren, dass sie nur auf einer Fläche so groß wie ein Leintuch dargestellt werden konnten. Vom Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung (Mafia-Paragraf) wurden die Angeklagten freigesprochen.

Das Delikt der schweren Untreue kann mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden. Mit den sechs Jahren für Petrikovics wurde mehr als die Hälfte des Strafrahmens ausgeschöpft.

Berufung

Karl Petrikovics bezeichnete das Urteil in einer ersten Reaktion als „nicht nachvollziehbar“ und kündigte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. „Ich bin überrascht, dass es leider nicht gelungen ist, dem Gericht unsere Argumente und meine Verantwortung ausreichend klar zu machen“, so Petrikovics.

Staatsanwalt Volkert Sackmann fand in der Schlussansprache vor der Urteilsfällung scharfe Worte: „Holen Sie die Herren von ihren hohen Rössern“, appellierte er an die Richterin und die Schöffen. Nach Darstellung des Staatsanwalts war die Sache klar: Petrikovics und Schwager sowie der wegen Krankheit im Prozess nicht anwesende Ex-Immofinanz-Vorstand Norbert Gertner hätten ihre Befugnisse missbraucht, indem sie sich Aktienoptionen ohne Genehmigung des Aufsichtsrats zugeteilt hätten, und sie hätten der Constantia Privatbank (Schwester-Firma der Immofinanz) damit einen Schaden zugefügt. Der Anwalt von Karl Petrikovics, Otto Dietrich, forderte zuvor einen Freispruch. Aus wirtschaftlicher Sicht hätten die Handlungen von Petrikovics durchaus Sinn ergeben.

Der erste Strafprozess im Wirtschaftskrimi rund um die Immofinanz zog sich über knapp drei Monate. Start war am 22. Jänner 2013. Es ging um ein schwer durchschaubares Geflecht aus Immofinanz, Immoeast und Constantia Privatbank. Die Anklage lautete auf Untreue sowie teilweise die Bildung einer kriminellen Vereinigung (Mafia-Paragraf).

Die Beschuldigten hätten sich ohne Genehmigung des Aufsichtsrates mit Gratis-Aktienoptionen auf Kosten der Aktionäre ein Körberlgeld verdient. Petrikovics habe sich um 7,676 Millionen Euro „unrechtmäßig bereichert“, Gertner um 5,119 Millionen und Schwager um 5,168 Millionen Euro.

Ursprünglich hatten sich die Angeklagten noch viel mehr Geld zugeschanzt: 8,66 Millionen Euro haben sie nämlich als Schadenswiedergutmachung inzwischen an die Gesellschaften zurückbezahlt. Mit dem Urteil ist die Causa Immofinanz aber noch lange nicht zu Ende: Noch warten auf Petrikovics & Co. etliche Schadenersatzklagen von Anlegern. Auch Staatsanwalt Volkert Sackmann dürfte noch einiges im Köcher haben. Denn die Anklage wegen der Aktienoptionen bezeichnete er als erste Teilanklage.

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