Höllinger-Chef: "Können Heimvorteil in Österreich gar nicht nutzen"

Zwei Männer in weißen Hemden und Jeans stehen lächelnd nebeneinander an einer grauen Trennwand.
Die beiden Höllinger-Geschäftsführer erzählen, warum sie immer mehr auf Export setzen und fordern ein einheitliches Einwegpfand für Getränkeverpackungen in der EU.

In Österreich kennt man Höllinger für den steirischen Apfelsaft. Die beiden Geschäftsführer  sprechen im KURIER-Interview über ihre heimische Produktion, das wachsende Exportgeschäft und die negativen Seiten des Einwegpfands.

KURIER: Herr Höllinger, Sie haben kürzlich davor gewarnt, dass der steirische Apfelsaft aus den österreichischen Supermarktregalen verschwinden könnte. Was hat es damit auf sich?

Gerhard Höllinger: Wir beziehen unsere Äpfel zu 100 Prozent aus Streuobst. Und wegen der Zweijährigkeit beim Streuobst ist nicht jedes Jahr ein gutes Erntejahr. Zum anderen hören viele Bauern auf, Streuobstwiesen zu bewirtschaften. Das ist teilweise dramatisch, weil uns langsam der Rohstoff ausgeht.

Und Sie beziehen nicht nur das Obst von heimischen Landwirten, sondern produzieren auch in Österreich. Finden alle Herstellungsschritte im Inland statt?

Axel Fila: Der steirische Apfelsaft wird in der Steiermark  gepresst, er wird dort gelagert, er wird dann auch in der Nähe abgefüllt. Bei anderen Produkten ist das logischerweise nicht so. Also ein Orangensaft aus Konzentrat wird im Ursprungsland einkonzentriert, weil es keinen Sinn macht, Wasser so weit zu transportieren.

Wie schwierig ist es für Sie, die Produktion im Inland zu behalten, anstatt in ein günstigeres Land abzuwandern?

Höllinger: Es ist nicht schwierig, aber es geht auch nicht anders. Wir haben dreieinhalbtausend Bauern, denen wir in der Pflicht sind, deren Obst abzunehmen und in Österreich zu verarbeiten. Und das macht auch unsere Qualität aus.

2021 haben Sie in der Steiermark 1,1 Millionen Euro in Tanks zur Saftlagerung investiert. Das Projekt wurde auch von Austria Wirtschaftsservice,  also der Förderbank des Bundes, unterstützt. Wie lief das damals ab und hätten Sie auch investiert, wenn keine Unterstützung klar gewesen wäre?

Fila: Vielleicht nicht, das kann ich gar nicht  beantworten. Es gab damals die Möglichkeit und diese haben wir genutzt. Es ging um zusätzliche Lagerkapazitäten zu einem bestehenden Lager. Und das lief sehr gut ab und wir sind auch immer noch zufrieden mit der landwirtschaftlichen Verarbeitung vor Ort in der Steiermark.  Das nimmt uns natürlich aber auch in die Pflicht, die Rohware entsprechend dort zu produzieren.

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Sie sehen sich in der Pflicht, im Inland zu produzieren. Aber halten Sie den österreichischen Standort insgesamt für wettbewerbsfähig?

Höllinger: Für uns ist in Österreich das Einwegpfand das größte Problem. Das betrifft Europa allgemein, weil wir in jedem Land ein eigenes Pfandlogo verwenden müssen. Jetzt haben wir auf manchen PET-Flaschen sechs verschiedene Logos. Und es ist überhaupt nicht einzusehen, warum wir in der EU in jedem Land ein eigenes Pfandsystem haben sollten. Und das ist eines der größten Probleme überhaupt. Wir dürfen in Deutschland ein Produkt mit dem österreichischen Pfandlogo nicht verkaufen. Das ist ein echtes Handelshemmnis. Manche Produkte stellen wir gar nicht mehr mit österreichischem Pfandlogo her und verkaufen sie auch hier nicht mehr. Einfach weil der Exportanteil so hoch ist, dass es sich nicht auszahlt. Und der nächste Schritt wäre jetzt der logische: Warum soll ich noch in Österreich produzieren, wenn ich für den österreichischen Markt den Heimvorteil gar nicht nutzen kann?

Aber die Debatte über die unterschiedlichen Pfandsysteme in der EU hat ja erst begonnen als auch bei uns das Einwegpfand eingeführt wurde. In anderen Ländern gibt es das schon länger. In Deutschland etwa bereits seit Jahrzehnten. Wieso ist das dort nicht so ein Riesenproblem?

Fila: Als das Pfandsystem 2003 in Deutschland eingeführt wurde, sind die Absatzmengen von pfandpflichtigen Produkten drastisch gefallen. Und das hat sich bis heute nicht  auf das ursprüngliche Niveau erholt. Aber in Deutschland wurde das Pfandsystem auch eingeführt, ohne dass Rückgabesysteme da waren, und das hat zu einem Komplettversagen geführt. In Österreich hat das besser funktioniert. Nicht gut und nicht perfekt, aber besser. Aber wir sehen auch in Österreich einen deutlichen Rückgang bei Pfandgebinden. Bei den PET-Flaschen im zweistelligen Prozentbereich. Für andere Unternehmen, in der Brauereibranche zum Beispiel, die einen größeren Rückgang haben, ist das wirklich dramatisch. Das vernichtet Arbeitsplätze.

Was würde Ihnen helfen? Mehr Harmonisierung in den EU-Staaten bei Themen wie dem Einwegpfand?

Höllinger: Auf jeden Fall, das ist absolut notwendig. Es führt da kein Weg dran vorbei. Derzeit fühlen wir uns da ein bisschen im Stich gelassen, um ehrlich zu sein. Vor allem mit unserer Unternehmensgröße. Große Unternehmen haben es da leichter. Bei größeren Produktionsmengen kann man am Vormittag für Deutschland produzieren, am Nachmittag für Dänemark, am Abend vielleicht noch für die Niederlande. Aber wir sind ein kleines Unternehmen und deshalb von den unterschiedlichen Pfandsystemen wirklich schwerst getroffen.

Viele Menschen fühlen sich auch durch hohe Preise im Lebensmitteleinzelhandel belastet. Die Landwirte sagen, bei ihnen kommt das Geld nicht an. Und auch die Handelsketten meinen, an ihren Margen liegt es nicht. Was sagen Sie als Verarbeiter dazu?

Fila: Bei uns kommt das definitiv nicht an, das wissen wir sicher. Und weil wir ja viel im Rohstoffbereich zu tun haben, wissen wir auch, dass sich die Landwirte wohl in den meisten Fällen  auch keine goldene Nase verdienen. Und es ist so, dass wir im Export bessere Erträge haben als im Inland. Das ist, was wir dazu sagen können. Warum die Produkte dann im Regal vielleicht teurer sind, das ist eine Frage, die wir so nicht beantworten können.

Wie hat sich Ihr Exportgeschäft in den vergangenen Jahren entwickelt?

Fila: Wir sind im Export in den letzten Jahren deutlich stärker gewachsen als im Inland, wo wir eher eine Stagnation erleben. Im Export haben wir uns gute Vertriebskanäle aufgebaut. In Hongkong bis Singapur oder auch in Japan. Wir sind auch im Mittleren Osten stark vertreten, zum Beispiel in Dubai oder Katar. Das ist auch ein strategisches Ziel von uns, in diesen Märkten weiter zu wachsen. Österreich hat ein sehr gutes Image im Ausland. Zwar vor allem natürlich für die Kultur, aber auch für Lebensmittel.

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