Touristen-Ansturm: Österreichs Christkindlmärkte als Millionen-Geschäft
Wer dieser Tage durch die Wiener Innenstadt spaziert, erlebt nicht nur über funkelnde Lichter und Punschstände an jeder Ecke, sondern trifft auch auf große Menschenmengen. Vor allem rund um die 14 Christkindlmärkte der Stadt wird es in den Wochen vor dem großen Fest ganz schön voll.
Teilweise auch zu voll: Wegen Überfüllung des Marktes am Wiener Rathausplatz musste kürzlich sogar ein Abschnitt der angrenzenden Ringstraße gesperrt werden. Und auch bei der berühmten roten Schleife in der Kärntner Straße auf Höhe der Oper kam es im heurigen Advent bereits zu Polizei-Einsätzen, weil Touristenmassen auf der Jagd nach dem perfekten Foto die Straße blockierten.
Starker Tourismus ärgert Einheimische, aber freut viele Touristiker
Was Städte wie Venedig oder Barcelona im Sommer belastet, trifft Wien nun im heurigen Winter: Overtourism (zu Deutsch: Übertourismus). Und dieser kostet viele Einheimische zwar Nerven, freut aber die Touristiker. So auch in Wien, wo nach einem Rekord-Dezember im Vorjahr mit mehr als zwei Millionen Übernachtungen die Auslastung auch heuer wieder stark ist.
Der städtische Tourismus in der Vorweihnachtszeit hat sich von einem sehr geringen Niveau in den 1990er-Jahren immer stärker entwickelt. Als Grund nennt Martin Stanits, Sprecher der Österreichischen Hotelvereinigung (ÖHV), die größere Bedeutung von Christkindlmärkten als "wahre Gästemagneten".
Mittlerweile kommen laut Wirtschaftskammer Wien 30 Prozent der Adventmarkt-Besucher in Wien aus den Bundesländern. Rund ein Viertel stammt aus dem Ausland. Von ihnen bleiben viele für mehrere Tage in der Stadt. "Der Dezember gilt heute als Hochsaison", sagt Stanits.
Am Christkindlmarkt vor dem Wiener Rathaus kommt es regelmäßig zu einem Gedränge.
Werbung durch Mundpropaganda und auf Social Media
Und das, obwohl etwa die Österreich Werbung (ÖW) als nationale Tourismus-Marketingagentur in den Zielmärkten nicht mit den heimischen Adventmärkten wirbt. Diese seien aktuell auf keinem ÖW-Sujet abgebildet. Stattdessen funktioniert die Werbung "durch Mundpropaganda und Social Media", wie Stanits erklärt.
Die heimischen Betreiber setzen deswegen gezielt auf Foto-Spots wie beleuchtete Dekorationen oder bunte Karusselle. Vor allem in den USA hat auch der Film "Christmas in Vienna" Wien als Advent-Reiseziel bekannt gemacht. Die romantische Komödie mit der vorweihnachtlichen Bundhauptstadt als Kulisse erschien im Jahr 2020 und beschert Wien bis heute Besucher.
Während in der Bundeshauptstadt über Overtourism diskutiert wird, zeigt man sich in anderen Städten zufrieden. "Die Salzburger Weihnachtsmärkte laufen heuer ganz ausgezeichnet und erfreuen Handel, Wirtschaftstreibende sowie Einheimische und Touristen gleichermaßen", sagt etwa Salzburgs Bürgermeister Bernhard Auinger.
Gäste bleiben im Advent länger in der Stadt als sonst
Beim Salzburger Hotel "Blaue Gans" ist der Dezember das zweitstärkste Monat im Jahr. Die Gäste bleiben mit durchschnittlich 2,5 Tagen etwa länger als in den anderen Monaten, berichtet Hotelchef Andreas Gferer dem KURIER. Salzburg habe eine starke Angebotsstruktur aufgebaut zu Weihnachten: Große und kleine Christkindlmärkte in der Stadt und ihrer Umgebung, mehrere Adventsingen und viele weitere Angebote.
Salzburgs Bürgermeister Bernhard Auinger ist zufrieden mit der Zahl der Besucher in seiner Stadt.
Auch Florian Weitzer (mit "Weitzer", "Wiesler" und "Daniel" drei Hotels in Graz) beschreibt die derzeitige Buchungslage als „wirklich gut". "Wir erreichen in diesem Monat das Niveau vor Corona", teilt er dem KURIER mit. Überfüllt sei die steirische Landeshauptstadt nicht. „Die Stadt ist keine touristische Hochburg wie Salzburg oder Wien, es läuft hier trotz des Andrangs jetzt im Advent alles noch etwas entspannter ab“, glaubt Weitzer.
Auch in Innsbruck ist die Stimmungslage gut: Robert Neuner, Organisator der Innsbrucker Bergweihnacht mit ihren quer über die Stadt verteilten Christkindlmärkten, ortet bisher "eine sehr gute Frequenz" und "perfektes Marktwetter im Dezember". Ob heuer mehr oder weniger Besucher - alljährlich sind es 1,1 bis 1,2 Millionen - lässt sich aber nicht sagen.
Neben Tourismus freut sich auch der Handel über starke Frequenz
Was den Tourismus betrifft, wird der Fokus seit einigen Jahren verstärkt auf Kleingruppen und Familien gelegt. Zu genauen Belegungszahlen kann Barbara Plattner, Geschäftsführerin von Innsbruck Tourismus derzeit noch nichts sagen. Diese Daten liegen erst im Jänner vor. "Der Dezember mit der Vorweihnachtszeit ist aber generell eines der wichtigsten Monate im Jahr", sagt sie.
Neben den Touristikern freut sich im ganzen Land auch der stationäre Handel über eine starke Auslastung in den Innenstädten. Laut Wirtschaftskammer Wien verbindet ein Fünftel den Adventmarkt-Besuch mit einem Einkauf im umliegenden Handel. Laut Handelsverband war die Kundenfrequenz auch deswegen an den vergangenen Einkaufssamstagen meist über Vorjahresniveau.
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