Argentinien gewinnt nach Verlängerung

Der Treffer zum 1:0 fällt erst in der 118. Minute.

Alles wartete auf seinen großen Auftritt. Auf diesen einen Moment, der ihm gewöhnlich genügt, um das Außergewöhnliche zu machen. Aber der Geniestreich wollte diesmal einfach nicht kommen. Er kam nicht in der ersten Hälfte, er kam nicht in der zweiten Hälfte, und er kam auch lange nicht in der Verlängerung. Lionel Messi, die Lichtgestalt der argentinischen Fußball-Nationalmannschaft, war im Achtelfinale gegen die Schweiz 117 Minuten lang ein Schatten seiner selbst.

Und dann schlug dieser Genieblitz namens Lionel Messi doch noch wie aus heiterem Himmel ein. Ein letzter Energieanfall in den letzten Spielminuten, ein Solo über 25 Meter, ein präziser Pass auf Angel Di Maria, der schließlich Benaglio keine Chance lässt (118.) – und glücklich gewonnen war noch ein Achtelfinale, in dem der Turnier-Mitfavorit wie die meisten anderen Titelanwärter mehr Mühe hatte als erwartet und dabei wohl den Glücksvorrat für das gesamte Turnier aufbrauchte. In der letzten Minute der Verlängerung landete ein Kopfball von Dzemaili an der Latte, und der Nachschuss des Schweizers kollerte am Tor vorbei. Ein Elfmeterschießen hätten sich die starken Schweizer an diesem Abend allemal verdient gehabt.

Ottmar Hitzfeld hatte in seinem allerletzten Spiel als Profitrainer seine Elf perfekt auf das argentinische Starensemble eingestellt. Mit ihrer forschen Gangart nahmen sie Lionel Messi aus dem Spiel, und die übrigen Argentinier hatten Mühe, die dichte Menschenmauer zu überwinden, die sich bei jedem südamerikanischen Angriff rund um den Strafraum formierte.

Bilder vom Spiel:

Argentinien gewinnt nach Verlängerung

BRAZIL SOCCER FIFA WORLD CUP 2014
Argentinien gewinnt nach Verlängerung

BRAZIL SOCCER FIFA WORLD CUP 2014
Argentinien gewinnt nach Verlängerung

Referee Jonas Eriksson of Sweden shows Switzerland
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BRAZIL SOCCER FIFA WORLD CUP 2014
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Argentina's Higuain fights for the ball with Switz
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Argentina's Angel Di Maria celebrates his goal aga
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BRAZIL SOCCER FIFA WORLD CUP 2014
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Switzerland's Xherdan Shaqiri reacts after missing

Stümperhaft

Die besten Chancen hatten vorerst sogar die Schweizer, die immer wieder Nadelstiche setzten, es dabei aber verabsäumten, den Argentiniern echte Schmerzen zuzufügen. Xhaka hätte nach einem Zuspiel von Shaqiri das 1:0 auf dem Fuß gehabt, der Gladbach-Legionär scheiterte aber am argentinischen Torhüter Romero (28.) . Zehn Minuten später war Drmic der Schweizer Führung noch einen Schritt näher. Allerdings ließ der künftige Stürmer von Neo Leverkusen-Coach Roger Schmitt alle Goalgetterqualitäten vermissen. Statt den Ball an Romero vorbei zu schieben, versuchte Drmic einen Kunstschuss, der Heber war aber eine leichte Beute für Romero (39.).

Die Argentinier? Die verließen sich offenbar auf ihren Superstar Messi, der in der Vorrunde vier der sechs argentinischen Treffer erzielt hatte. Ohne die Ideen ihres kreativen Geistes war das Offensivspiel der Südamerikaner berechenbar und der Schweizer Defensivverbund wies kaum Lücken auf. Und wenn doch einmal ein Ball Richtung Tor kam, dann gab es ja immer noch Diego Benaglio.

Der Schweizer Torhüter drehte einen Kopfball von Higuain über die Latte (62.) und war auch bei einem Schuss von Messi (78.) zur Stelle.

In der Verlängerung waren dann überraschend wieder die Schweizer Dauerläufer am Drücker.Obwohl sie im Summe zwölf Kilometer mehr zurück gelegt hatten als die Argentinier – die 147,2 Kilometer der Schweizer sind der Rekordwert bei dieser WM – wirkten die Mannschaft von Hitzfeld in dieser finalen Phase frischer und mutiger. Die Leidenschaft sollte aber nicht belohnt werden, weil Messi seine Argentinier rechtzeitig vor dem Elfmeterschießen noch auf die richtige Bahn brachte und den dritten Viertelfinaleinzug in Serie fixierte.

Damit endete auch das siebente Achtelfinale bei dieser WM mit einem Favoritensieg. Und damit prolongiert sich auch die Erfolgsserie der Südamerikaner im kontinentalen Zweikampf mit Europa. Von elf Duellen bei dieser WM haben die Teams aus Südamerika bislang sieben für sich entscheiden können.

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Sao Paulo, Arena Corinthians, 63.255, SR J. Eriksson (SWE)

Tor: Di Maria (118.)

Argentinien: Romero - Zabaleta, F. Fernandez, Garay, Rojo (105. Basanta) - Gago (106. Biglia), Mascherano, Di Maria - Messi, Higuain, Lavezzi (74. Palacio)

Schweiz: Benaglio - Lichtsteiner, Djourou, Schär, Rodriguez - Behrami, Inler - Xhaka (66. Fernandes), Shaqiri, Mehmedi (113. Dzemaili) - Drmic (82. Seferovic)

Gelbe Karten: Rojo, Garay bzw. Xhaka, Fernandes

Alejandro Sabella (Teamchef Argentinien): "Ich habe einmal als Spieler eine Verlängerung gegen England erlebt, aber als Trainer ist das eine noch viel größere Last. Wir hatten am Ende Glück. In der ersten Hälfte war es ausgeglichen, dann war es unser Spiel. Jetzt müssen wir uns gut erholen."

Ottmar Hitzfeld (Teamchef Schweiz): "Meine Mannschaft hat alles gegeben. In den letzten drei Minuten hat man noch einmal alles erlebt, was in einem Trainerleben möglich ist. Solche Emotionen erlebt man nur im Fußball. Die Schweiz hat heute große Sympathien in der ganzen Welt gewonnen. Darauf können wir stolz sein. Es war unglaublich spannend. Am Schluss waren wir überzeugt, dass es für uns läuft, aber die Kräfte ließen nach, wir hatten Krämpfe. Ein Gegentor in der 118. Minute ist ganz bitter. Wer so gewinnt, hat auch Glück. Aber Argentinien war über das ganze Spiel die bessere Mannschaft. Sie hatten mehr Chancen. Unsere Fans können stolz sein, wir gehen erhobenen Hauptes nach Hause. Ich wünsche meinem Team, dass es bei der nächsten EM und WM noch besser geht."

Angel di Maria (Torschütze Argentinien): "Wir haben unser Leben gegeben. Wir haben gewusst, dass es sehr eng werden kann. Aber wir haben unsere Seele in dieses Spiel geworfen und gekämpft. Am Ende ist es einfach sehr gut für uns gelaufen. Wir hatten schon vorher Chancen, das Spiel zu entscheiden. Aber wir haben nie aufgegeben. Wir haben vor der Pause nur einen Fehler gemacht, da hat unser Torhüter hervorragend gehalten. Das war ein verdienter Sieg."

Stephan Lichtsteiner (Verteidiger Schweiz): "Ein großes Kompliment an die Mannschaft. Leider gab es diesen einen Fehler zu viel. Es war mein Ballverlust in der Mitte, das sollte in der 117. Minute nicht passieren. Wir sind sehr enttäuscht, wir sind kaputt. Wir hatten Chancen und einen Pfostenschuss gegen eine der besten Mannschaften der Welt. Wir können stolz sein."

Michel Pont (Co-Trainer Schweiz): "Fußball ist total brutal. Es sind so viele Emotionen überall, auch mit dem Tod von Ottmar Hitzfelds Bruder vor dem Spiel. Wir haben die Spieler sehr gut vorbereitet. Sie haben gewusst, welche Chancen sie hier haben."

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