Wirtschaft wehrt sich gegen "Flexi-Quoten"

APA4685112-2 - 22072011 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - BM Gabriele Heinisch-Hosek am Donnerstag, 21. Juli 2011, während eines Interviews mit der APA in Wien. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER
Sie ist gegen "Zwangsbeglückung", ÖGB und Heinisch unterstützen ÖVP-Ministerin.

Den einen wäre es zu viel, den anderen zu wenig. ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin hat via KURIER eine "Flexi-Quote" angeregt. Branchenweise sollte festgelegt werden, wie viele Frauen in einem Betrieb eine Chefposition haben müssen. An der Zahl der beschäftigten Frauen im jeweiligen Wirtschaftszweig sollte sich die Quote orientieren. In der Medienbranche würde sie damit höher sein als in der Stahlindustrie. Die Quoten aushandeln sollten die Sozialpartner, also Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter.

Wie erwartet reagieren diese unterschiedlich auf Karmasins Begehren. Wirtschaftskammer-Generalsekretärin Anna-Maria Hochhauser sagt zum KURIER: "Es ist nicht die Zeit, Zwangsmaßnahmen zu fordern, auch nicht am 103. Frauentag. Eine verpflichtende Quote für die Privatwirtschaft ist nicht denkbar. Ich kann doch der privaten Wirtschaft nicht vorschreiben, wie sie Personal zu besetzen hat."

Das befindet auch der Generalsekretär der Industriellen-Vereinigung, Christoph Neumayer: ",Zwangsbeglückung‘ über Quoten ist der falsche Weg." Heimische Unternehmer seien "gewohnt, sich selbst Ziele zu setzen. Da braucht es nicht immer Verordnungen der Regierung, egal ob sie Pflicht- oder Flexi-Quote heißen."

Anders sieht das ÖGB-Vizechefin Sabine Oberhauser, die meint: "Gehen wir weg vom Begriff Quote, nennen wir es Kennzahl. Eine solche tragen ja Männer gerne vor sich her." In der Gewerkschaft gelte diese schon: "Die Mitgliederzahl an Frauen spiegelt sich in den Gremien wider." Und so würde Oberhauser eine "Flexi-Quote" für die Privatwirtschaft behagen – "als erster Schritt". Lieber wäre ihr "eine fixe, gesetzliche Regelung". Auch SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek möchte "echte Quoten" für die Privatwirtschaft. "Dass es mit einer Flexi-Quote allein geht, bezweifle ich." Karmasins Vorstoß taugt ihr dennoch: "Ich bin froh, dass eine ÖVP-Ministerin das Wort Quote in den Mund nimmt. Sie hat mich an ihrer Seite."

Frauen in den Chefsesseln sind nach wie vor eher die Ausnahme. Das belegt eine Studie der Arbeiterkammer Wien über die 200 umsatzstärksten Firmen. Im Vergleich zu 2013 gab es nur marginale Veränderungen.

Von 1796 Aufsichtsratsmandaten sind demnach nur 13,9 Prozent weiblich besetzt (2013: 13,4). Nur in elf der 200 Unternehmen gibt es Aufsichtsratschefinnen.

Wirtschaft wehrt sich gegen "Flexi-Quoten"
In den Geschäftsführungen ist der Frauenanteil noch geringer als in den Aufsichtsräten: Nur 34 von 606 Top-Positionen sind an Frauen vergeben (5,6 Prozent).Im Dienstleistungssektor gibt es 9,6 Prozent Frauen in der Chefetage, im Handel sind es nur 4,4 Prozent – obwohl mehr als die Hälfte der Beschäftigten in dieser Branche weiblich ist (siehe Grafik).Wie eine neue Studie des Managementberaters Accenture ergab, trauen sich heute zwar mehr Frauen, ihre Vorgesetzten nach einer Beförderung (26 Prozent) zu fragen. Aber nur wenige der Befragten meinen, dass die Dominanz der Männer in Top-Jobs in den nächsten Jahren gebrochen wird. 36 Prozent der Frauen glauben auch, dass es für sie in Zukunft schwieriger wird, Familie und Beruf zu vereinbaren.

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