Schlierenzauers Knie-Fall und seine Folgen für die Zukunft

Wie geht’s mit dem 26-Jährigen nach seinem Kreuzbandriss weiter? Der KURIER sucht nach Antworten.

Der Zufall wollte es, dass Gregor Schlierenzauer an jenem Wochenende eine schwere Verletzung ereilte, an dem er von Peter Prevc aus den Rekordbüchern des Skispringens verdrängt wurde. Das passte irgendwie zu diesem vermurksten Winter, in dem für Schlierenzauer praktisch alles danebenging: Ein Formtief, eine kurze Auszeit, ein missglücktes Comeback, die endgültige Auszeit, die Trennung von der Langzeitfreundin und nun – zu schlechter Letzt – der Kreuzbandriss im rechten Knie, den sich der Tiroler beim Skifahren in Kanada zuzog. Die Entwicklungen in diesem Winter werfen einige Fragen auf.

Was bedeutet die Verletzung für Schlierenzauer?

Der 26-Jährige wird in den nächsten Tagen operiert und muss eine Zwangspause von mindestens sechs Monaten einlegen. "Das ist ein Rückschlag, aber bei Weitem keine Tragödie", schrieb Schlierenzauer auf seiner Website. Es ist schon vielen Skispringern nach einer Kreuzbandverletzung der Sprung zurück gelungen. "Ich nehme die Herausforderung an."

Was hat Schlierenzauer in den vergangenen Monaten gemacht?

Nach seinem vorzeitigen Saison-Aus, das er nach dem Bergisel-Springen verkündet hatte, suchte der Tiroler vor allem Abstand und Ruhe. Das ungewohnte Leben ohne Leistungsdruck und Terminstress hat Schlierenzauer sichtlich genossen. "Ich hatte nach zehn Jahren im Spitzensport erstmals Gelegenheit, nicht nach Plan funktionieren zu müssen", erklärt der 26-Jährige, der zugab, dass ihn das Leben im Rampenlicht zusehends nervte. "Es kostet extrem viel Energie. Vor allem mental."

Wird man Schlierenzauer noch einmal im Weltcup sehen?

Diese Frage kann aktuell nicht einmal sein engstes Umfeld beantworten. Schlierenzauer hatte seit den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi immer wieder mit dem Gedanken gespielt, sich eine Auszeit zu nehmen und sich auch mit dem Thema Rücktritt beschäftigt. Durch die Verletzungspause erhält er nun noch mehr Bedenkzeit. "Ich muss zuerst wieder völlig fit werden, dann kann ich mich neu ausrichten", sagt Schlierenzauer. "Der Abstand hilft mir, in Ruhe an meiner Genesung und den Zukunftsplänen zu arbeiten."

Wie reagiert der Österreichische Skiverband?

Der Tiroler erhält vom ÖSV jegliche Unterstützung und kriegt alle Zeit der Welt, um seine Entscheidung zu treffen. Die Verbandsbosse hat beeindruckt, wie Schlierenzauer mit der Krise umgeht. "Er hat sich sehr professionell verhalten, auch dem Team gegenüber", sagt Cheftrainer Heinz Kuttin. "Der Verband steht hinter ihm. Wir werden ihm helfen, wo wir können."

Warum steckte der Tiroler zuletzt im Tief?

Gregor Schlierenzauer ist einer der Leidtragenden der vielen Materialreformen (neue Bindung, engere Anzüge etc.), die das Skispringen in den letzten Jahren erlebt hat. "Früher war ich definitiv begünstigt", weiß der 26-Jährige, "da habe ich auch gewonnen, wenn die Sprünge nicht perfekt waren." Zuletzt plagte sich Schlierenzauer. "Das ist wie in der Formel 1: Da kann man der beste Fahrer sein, wenn du kein gescheites Auto hast, beißt du dir die Zähne aus."

Welche Ziele hätte Schlierenzauer noch?

In seiner Trophäensammlung fehlt noch ein olympisches Einzelgold, auch der 54. Weltcupsieg wäre ein Ziel. "54 Siege wie Hermann Maier – das wäre ein Meilenstein", weiß Schlierenzauer. Dazu wartet mit der Heim-WM 2019 in Seefeld eine weitere Herausforderung.

Müsste er überhaupt noch springen?

Nein, der Tiroler hat dank seiner Erfolge und seiner Sponsorverträge längst ausgesorgt. Geld ist für den 26-Jährigen keine Antriebsfeder. "Mir ist bewusst, dass ich privilegiert bin."

Kann Gregor Schlierenzauer zu einem zweiten Noriaki Kasai werden?

Es ist auszuschließen, dass der Tiroler auch 2034 noch abheben wird: "Das kann ich mir nicht vorstellen, dass ich so lange springe wie er." Gut möglich, dass der japanische Altstar Kasai (43) auch dann noch den Weltcup beehrt, wenn Schlierenzauer die Karriere längst beendet hat.

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